Seliger Natalis Pinot, Pfarrer, Märtyrer, + 21.2.1794 - Gedenktag: 21. Februar

 

Eine Verfolgung der Kirche zeitigt Helden und Martyrer. Einen der schrecklichsten Stürme, wie er in christlichen, zivilisierten Ländern nirgends verderbenbringender gewütet hat, sah Frankreich zu Ausgang des 18. Jahrhunderts über sich dahinbrausen. Alles alteingewurzelte Volks- und Lebensgut wurde zerstört, das ganze gesellschaftliche Gefüge des Staates zerrissen. Dem armen, besitzlos gewordenen Volk suchte man das Letzte und Höchste, seinen Gott, aus dem Herzen zu reißen. War doch vollständige Austilgung der katholischen Religion eines der Ziele jener furchtbaren Revolutionsperiode. Die Priester waren gezwungen ihr Wirkungsfeld zu verlassen, die Ordensleute wurden aus ihren Klöstern vertrieben. Manche erlagen dem unerhörten Ansturm. Tausende zählten aber jene, die ihrem Glauben die Treue wahrten und deshalb ein Opfer menschlichen Wahnsinns wurden.

 

Unter den vielen treuen Hirten, die man schlug, um die Herde zu zerstreuen, ragt Natalis Pinot hervor. Seitdem die Kongregation der Riten das Urteil verkündete, das Martyrium des Dieners Gottes stehe fest und sei aus Hass gegen den Glauben erfolgt, wurde die 1926 erfolgte Seligsprechung erwartet.

 

(Natalis, französisch Noel, bedeutet Geburtsfest (Christi), Weihnachten. In romanischen Ländern herrschte der Brauch, statt Namen von Heiligen auch solche von Festgeheimnissen zu geben, z.B. Natalis, Natalie, Paschalis (dies = Ostern), Annuntiata (Verkündigung Mariä), Dolorosa, span. Dolores (Schmerzhafte Mutter Gottes). Auch Toussaint (tous saints = Allerheiligen) erscheint als Name.)

 

Noel Pinot waltete als Pfarrer von Louroux-Beconnais mit apostolischem Eifer seines priesterlichen Amtes. Wegen seiner großen Mildtätigkeit, seines Seeleneifers, seines frommen, heiligmäßigen, der Arbeit und Abtötung ergebenen Lebens stand er beim Volk wie bei seinen Mitbrüdern in hohem Ansehen. Mit tiefer Trauer verfolgte er das planmäßige Umsichgreifen des Unglaubens, das Schwinden der Achtung vor der Obrigkeit; er sah, wie der Geist der Revolution immer gefahrdrohender sein Haupt erhob. Der treue Hirte bereitete sich selbst durch anhaltendes Gebet und seine Pfarrkinder durch Belehrung und Ermunterung auf die kommenden Gefahren vor.

 

Diese kamen. Schon hatte die französische Nationalversammlung das gesamte Vermögen der katholischen Kirche zugunsten des Staates eingezogen, 1789. Nun griff man auch in den inneren Bestand und die göttliche Einrichtung der Kirche ein. Die Ordensgelübde wurden für aufgehoben erklärt. Die Kirche selbst sollte durch Losreißen von ihrem gottgesetzten Fundament, dem Heiligen Stuhl zu Rom, dem Untergang überantwortet werden. Am 12. Juli 1790 wurde unter dem Einspruch der Bischöfe und dem mutigen Widerstand nicht weniger Abgeordneten die sogenannte „Zivilkonstitution des Klerus“, d.h. die rein bürgerliche Verfassung der Kirche beschlossen. Die Bischöfe und Pfarrer sollten durch die weltlichen Abgeordneten gewählt werden; der Papst könne keinen Bischof bestätigen. Auf diese Verfassung sollten die Geistlichen durch einen Eid, den „Bürgereid“, verpflichtet werden. Durch diese Revolutionsgesetzgebung wurde die französische Kirche vom Mittelpunkt der Einheit losgerissen. Sie hörte auf katholisch zu sein und wurde bloße Landeskirche, unterstellt der Willkür des „Volkes“. Kein Priester konnte einer solchen, allen göttlichen und kirchlichen Gesetzen widerstreitenden Verfassung seine Zustimmung geben. Klar erkannte Pfarrer Pinot ihren schismatischen Charakter. Am entscheidenden Tag, am 30. Januar 1791, ließ er deshalb dem in der Kirche anwesenden Gemeinderat erklären, er werde niemals sein Gewissen unter Bestimmungen beugen, die unrecht und vor Gott nichtig seien. In seinem tiefen Schmerz aber leistete sein Vikar den vorgeschriebenen Eid.

 

Nach einigen Wochen, an einem Sonntag, war der Revolutionsrat abermals auf seinem Horchposten. Der mutige und gewissenhafte Hirte predigte. Er belehrte seine Pfarrkinder und suchte sie zu festigen gegen die Gefahren des Schismas, der Trennung der Kirche von ihrem Oberhaupt. So weit es an ihm lag, sollte das Ärgernis, das durch die Schwäche seines Vikars dem Volk gegeben worden war, wieder gutgemacht werden. Klar und bestimmt, voll innerer Bewegung klang sein Wort, sein letztes. Es war von Gott gesegnet. Der Vikar widerrief später öffentlich seine Eidesleistung und bat Gott und die Gläubigen um Verzeihung ob seiner Untreue gegen die Kirche. Noel Pinot aber wurde in der Nacht des 4. März durch eine Abteilung der Nationalgarde ergriffen und vor das Revolutionstribunal in Angers gebracht. In aller Bescheidenheit, aber unerschrocken wies er dort die gewöhnlichen Vorwürfe einer Verschwörung gegen den öffentlichen Frieden, einer Rebellion gegen die Staatsgesetze als unberechtigt ab und rechtfertigte sein Verhalten mit solcher Bestimmtheit und Kraft, dass die Richter zögerten, ein Schuldig zu sprechen. Die allgemeine Meinung der ganzen Stadt sprach für den Angeklagten, die sichtliche Lauterkeit und Unantastbarkeit seines priesterlichen Lebens ließen ihn unangreifbar erscheinen. So begnügte sich das Gericht mit der Strafe ihn auf zwei Jahre aus seiner Pfarrei zu verbannen.

 

Doch, wo immer auch der ehrwürdige Priester sich aufhalten mochte, er fühlte sich seinem Beruf verpflichtet. Der aller geistlichen Hilfe beraubten Bevölkerung spendete er den Trost der Heilsmittel, und während er so die ausgewiesenen Priester ersetzte, konnte er drei unglückliche, „eidleistende“ Mitbrüder wieder mit der Kirche versöhnen. Wie ein neuer Athanasius richtete er durch das leuchtende Beispiel seines unerschütterlichen Glaubens und seiner glühenden Gottesliebe allerorts die Entmutigten wieder auf.

 

Im entmenschten Frankreich stieg der Freiheits- und Gleichheitstaumel zum vollen Wahnsinn. Bei den berüchtigten Septembermorden in Paris floss das Blut in Strömen. Am 21. Januar 1793 war das Haupt des Königs unter dem wilden Jubelgeschrei des Umsturzpöbels zum Entsetzen von ganz Europa gefallen. Im Nationalkonvent, der allgewaltigen Landesregierung, hatte die radikale Bergpartei die Oberhand gewonnen. Im Westen des Landes entbrannte der Bürgerkrieg. Die Vendée, die Landschaft südlich der Loire an ihrer Mündung in den Atlantischen Ozean, von einem einfachen, arbeitsamen, dem alten Glauben und dem König treuen Volk bewohnt, erhob sich im März 1793 gegen die ungerechte und Gottlose Blutregierung des Konventes. Ihre siegreichen Armeen wurden Herren der Ufer der Loire bis Nantes. Im Juni 1793 bemächtigten sie sich auch der Stadt Angers, der Vaterstadt unseres Glaubenshelden. Angstvollen Herzens verfolgte er den Kampf um die Freiheit der Kirche und des Volkes. Dem Erfolg der Vendéer galt sein Gebet; irgendwelchen tätigen Anteil am Krieg aber hat der ganz seinem geistlichen Beruf und der eigenen Heiligung lebende Priester nicht genommen. Da ihm aber nun der Weg in seine Pfarrei offenstand, hieß ihn die Pflicht und der priesterliche Eifer unverzüglich dorthin zurückkehren, ohne Beachtung dessen, was menschliche Klugheit nahelegte.

 

Groß war die Freude der treugebliebenen Pfarrkinder von Louroux über die Rückkehr ihres geliebten Vaters. Doch nur wie ein Sonnenstrahl zwischen zwei dräuenden Wolken war sein Bleiben und Wirken. Ein zweites Unwetter brach herein, furchtbarer als das erste. Zehn Tage nach Pinots Rückkehr in seine Pfarrei misslang der Angriff der Vendéer auf Nantes. Ihr heldenmütiger Führer wurde tödlich verwundet und damit begann der Sieg sich den republikanischen Waffen zuzuneigen. Das arme Land traf ein furchtbares Schicksal. Dörfer und Weiler wurden niedergebrannt, die ganze Bevölkerung ausgerottet. Lähmender Schrecken legte sich auch auf den benachbarten Bezirk, zu dem Louroux gehörte. Natalis Pinot sah sich nun der äußersten Gefahr gegenüber. Wohl hätte er in der Fremde einen Zufluchtsort suchen können; allein sein Leben gehörte seinen Pfarrkindern. Auch von den fünf umliegenden, ihrer Seelsorger beraubten Pfarreien schmachteten die armen Sterbenden nach dem Trost der Sakramente. Ihnen wollte der treue Nachfolger des göttlichen Guten Hirten seine letzten Kräfte weihen. Das Martyrium war ihm gewiss; darauf bereitete er sich täglich. Die Pfarrei von Louroux-Beconnais mit ihren vielen kleinen Dörfern, den weit zerstreuten, hinter Busch und Wäldern geschützten Pacht- und Meierhöfen bot sichere Schlupfwinkel. Auf die Treue und Verschwiegenheit der braven Leute konnte der Pfarrer zählen. Bei Tag hielt er sich in Ställen, auf den Heuböden oder den Speichern der Häuser verborgen. Im Dunkel der Nacht nahm er seine seelsorgerlichen Gänge auf, oft unter den größten Beschwerden, im Winter bei Schnee und Eis, meist allein. Er stärkte die Gläubigen, taufte und lehrte die Kinder, tröstete die Kranken und Sterbenden und segnete die Ehen ein. Um Mitternacht feierte er, unter ständigem Wechsel des Ortes, die heilige Messe, oft in einer Scheune, in einem Stall, selten in einem entsprechenderen Raum. Inmitten solcher Armut und Niedrigkeit stieg der allmächtige Gott, beständig das Geheimnis von Bethlehem erneuernd, auf das Wort seines verfolgten Dieners hernieder, um seine verlassenen Kinder zu beglücken. Noel – traute, geheimnisreiche Weihnacht! Ihren süßen Namen trug nun so würdig der mutige Glaubensbekenner. Mit jeder neuen Nacht aufs Neue geopfert mit dem göttlichen Opferlamm! Wie heilsbegierig lauschten die wenigen Teilnehmer den trostvoll aufrichtenden Worten des Martyrerpriesters! Wie reichlich strömten die Tränen der Freude und des Schmerzes zugleich, als der hochgestimmte und wieder leidbekümmerte Hirte gar einmal einem Dutzend Erstkommunikanten die Quelle der Kraft und Beharrlichkeit für die drangsalvolle Zeit eröffnete!

 

Acht Monate hindurch dauerte dieses beispiellose Opferleben. Die Nachforschungen der Polizei wurden verdoppelt, auf die Anzeige des Verstecks wurde eine Belohnung ausgesetzt. Zweimal entging Pinot knapp den Hausdurchsuchungen der Nationalgarden; das erste Mal konnte er noch glücklich hinter einem Waschtrog, das andere Mal unter der Futterraufe des Stalls im Heu versteckt werden. In einem dritten Fall, wo der Pfarrer in Louroux selbst einen Kranken versehen sollte, entkam er den Spürnasen der Häscher, die von einem Spion geführt wurden, nur dadurch, dass dieser sich etwas im Zeitpunkt irrte. Doch schließlich ließ die göttliche Vorsehung auch für ihren abgemühten, in heroischer Nächstenliebe und bewunderungswürdigem Glaubenseifer erprobten Diener „die Stunde der Finsternis“, für ihn selbst wahrlich die Stunde der Sehnsucht kommen. Es war ein Sonntag, der 9. Februar 1794. Erst in der Morgenfrühe hatte er, wie jetzt häufig, seinen Aufenthalt gewechselt und in dem Häuschen einer frommen Witwe ein Asyl gefunden. Nachdem er sich den Tag über in einem armseligen Verschlag eingeschlossen gehalten hatte, wollte er bei einbrechender Dunkelheit noch etwas Luft im Gärtchen schöpfen. Da ging noch spät ein Zimmermann von seiner Arbeit heim; mit einem Blick erspähte und erkannte er den Pfarrer, von dem er früher manche Guttat empfangen hatte. Nun verriet er seinen Wohltäter. Gegen Mitternacht fielen starke Schläge gegen die Tür; die Nationalgarden begehrten Einlass. Kaum blieb so viel Zeit, dass der Verfolgte die schon für die heilige Messe bereitgelegten Gewänder und Gebrauchsgegenstände in eine große Truhe barg und dann selbst hineinschlüpfte. Die Soldaten brachen herein. Wütend, unter Schimpfen und Fluchen durchstöberten sie das ganze Haus. Schon erwog der edle Flüchtling sich selbst zu entdecken, um die mutige, verschwiegene Herberggeberin vor großen Schwierigkeiten zu bewahren, da hob ein Nationalgardist den Deckel der Truhe, um ihn aber sogleich wieder beim Anblick des blassen Antlitzes des Martyrerpriesters fallen zu lassen. In unwillkürlicher Anwandlung eines besseren Gefühls zögerte er, den Gefundenen zu überliefern. Aber ein anderer Gardist hatte die Bewegung und Verwirrung seines Kameraden bemerkt. Fluchend lief er hinzu, riss die Truhe auf und zog mit roher Hand den Armen heraus. Willig ließ der Bekenner sich binden und gleich seinem göttlichen Meister unter Misshandlungen zur ersten Leidensstation, an seinen Pfarrort, führen. Man versäumte auch nicht, die miterbeuteten Paramente, den Kelch und das Kreuz als Belastungsmittel mitzunehmen.

 

Das Ortsgericht in Louroux-Beconnais musste sich damit begnügen, den Gefangenen dem Revolutionskomitee der Bezirkshauptstadt Angers zu überweisen. Gemeine, niedrige Subjekte jedoch durften sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, den Diener des Herrn zu quälen und zu misshandeln, wie die Schergen den lieben Heiland vor dem Hohenpriester. Als man ihm die Daumen zusammenklemmte, dass das Blut unter den Nägeln hervorsprang, hatte der Sanftmütige nur das mahnende Wort: „Unglücklicher, ich habe dir doch niemals etwas anderes getan als Gutes!“ Ein viel herberer Schmerz jedoch als seine persönlichen Leiden, wahre Ölbergqualen, stürzten auf den treuen Nachfolger des Gekreuzigten ein. Er trug wie gewöhnlich einige Partikel des hochheiligen Fronleichnams Christi bei sich, um jederzeit Schwerkranken die heilige Wegzehrung reichen zu können. Die von Wein und Gottlosigkeit trunkenen Helfershelfer des Bösen fanden die heiligen Hostien auf der Brust des Priesters, nahmen sie in ihre ruchlosen Hände und reichten sie unter schrecklichen Blasphemien einer dem andern. Qualvolles Martyrium für den wehrlosen Diener der heiligen Eucharistie! Sein Herz blutete. Er schloss die Augen, um die Untat nicht schauen zu müssen, er betete für die Frevler.

 

Neue Verhöhnungen brachte der Marsch nach Angers. Dort rangen eben die Radikalen mit den Gemäßigten um die Macht. Noel Pinot musste in einem dunklen Kerker bei Wasser und Brot auf die Entscheidung warten. So zarten Gewissens war der charaktervolle Mann, dass er bessere Speisen, die gute Leute ihm zubrachten, zurückwies, weil er hierin der staatlichen Macht gehorchen wollte, so sehr diese durch die erbärmlichsten Kreaturen entehrt wurde. Die Militärkommission eröffnete ihre errungene Herrschaft in einem Ausbruch vermehrter Raserei. Achthundert Personen waren schon vorher erschossen worden. Pfarrer Pinot war jetzt eines der ersten Opfer dieser neuen Reihe von Mordtaten. Am 21. Februar stand er vor den Schranken des Blutgerichtes. Doch wie musste er auftreten? Der Glaubensbekenner trug die volle priesterliche Gewandung: Talar, Albe, Stola und Messgewand. Geschah das Ungewohnte zur Verhöhnung des katholischen Kultes? Müssen wir nicht darin eine merkwürdige Fügung der Vorsehung, einen bedeutungsvollen, symbolischen Akt erkennen? Gerade der Priester war es ja, der Diener Jesu Christi und Fortsetzer seines göttlichen Opfers, den man in der Person Noel Pinots richten, verurteilen und hinrichten wollte. Standhaft und entschieden antwortete der sonst so gehorsame Staatsbürger den Männern der Treulosigkeit und des Unrechts auf den Vorhalt, warum er dem Gesetz zuwidergehandelt habe, dass er Gott gehorchen musste, der ihm die Sorge für seine Pfarrei übertragen habe. Das Todesurteil war rasch gesprochen: Noel Pinot, geboren in Angers, siebenundvierzig Jahre alt, eidweigernder Priester, wird zum Tode verurteilt. Das ist der wahre und einzige Grund für die Todesstrafe des Dieners Gottes, dass er den Eid auf eine kirchenfeindliche Verfassung nicht leistete und seinem priesterlichen Beruf treu blieb.

 

Urteile eines Revolutionsgerichtes pflegen rasch vollzogen zu werden. Die Hinrichtung Pinots fand noch am selben Tag statt, an dem das Urteil erging, am 21. Februar 1794. Um dem Aufzug einen besonderen Pomp zu geben, fragte man ihn, ob er nicht in den geistlichen Gewändern gehen wollte. „O ja,“ antwortete der Priester, „das wird mir eine große Freude sein.“ Wie er so oft und gerne zum heiligen Opfer sich gerüstet, so zog er jetzt durch die Straßen der Stadt zur Richt- und Opferstätte hinaus. Er betete in tiefer Sammlung. Angesichts des Schafotts war seine Haltung vollkommen ruhig. Seine reine Stirn erstrahlte von der Freude der Auserwählten. Schon war er geschmückt „zur Hochzeit des Lammes“ mit der weißen Albe, dem Feierkleid der Unschuld und Freude. Das Kreuz des Messgewandes kennzeichnete ihn als Opfer des Glaubenshasses, als Sühneopfer für die Gräueltaten der Zeit. Wie eine himmlische Einsprechung schien der Gedanke an diese erhabene Berufung ihn zu ergreifen. Die Augen zum Himmel erhebend, rief er mit zitternden Lippen: „Introibo ad altare Dei – Hintreten will ich zum Altar Gottes!“ Zu Gott, der sein reines edles Leben in „Jugendfreude erneuerte“, trat der Martyrer. Festen Schrittes stieg er, nachdem man ihm das Messgewand abgenommen hatte, aber noch mit der Albe angetan, die Stufen des Blutgerüstes empor und legte sein Haupt unter das Fallbeil. Es war um die dritte Stunde nachmittags, in der auch unser Herr Jesus Christus am Kreuz seine Seele aushauchte. Unter den Kleidern des ehrwürdigen Priesters fand man ein raues Bußhemd. Durch das heilige Salböl der Kirche zum Diener des Herrn geweiht, hat Natalis Pinot durch starkmütige Glaubenstreue, lebendige Gottesliebe und exemplarische Lebensstrenge sich zu einem leuchtenden Vorbild in schlimmer Zeit emporgerungen. Die Revolution hat ihn zum Martyrer gemacht.

 

Selig der Tod im Kuss des Herrn, in Vereinigung mit Christi Opfertod! Ist der Sterbende wenigstens durch den einfachen Gnadenstand mit Christus vereint, verdient der Tod schon den Namen: Heiliger Tod. Wenn der sterbende Christ noch durch einen ausdrücklichen Akt des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe mit Christus sich verbindet, wird sein Tod ein kostbarer sein. Wenn aber ein Gerechter den Tod freiwillig, um Christi willen leidet, wenn er ihn als Fortsetzung des Opfers Christi willig auf sich nimmt, so ist dieser Tod der kostbarste, der Martyrertod. Der Priester soll täglich diesen mystischen Tod sterben, wenn er täglich hintritt das heilige Opfer zu feiern. Sein leiblicher Tod wird dann zum dies natalis, zum Geburtstag für den Himmel. Noel!

 

Natalis Pinots Seligsprechung erfolgte am 10. Oktober 1926 durch Papst Pius XI.