Ehrwürdiger Dominikus von Jesus Maria, Karmelitenordens-General, + 16.2.1630 - Gedenktag: 16. Februar

       

Es war im Jahr 1620. Das altehrwürdige deutsche Kaiserreich schien im entfesselten Sturm politischer und religiöser Leidenschaften in Trümmer zu gehen. Für das österreichische erzherzogliche Haus war wohl eine der schwierigsten Lagen gekommen. Ferdinand II. hatte eben die Krone des Reiches erlangt, da erhob in fast allen Erbländern die Rebellion kühn ihr Haupt. Das aufständische Böhmen ging am weitesten und bot seine Krone einem fremden Fürsten an, dem kalvinischen Friedrich von der Pfalz. In dieser gefahrvollen Lage erbat sich der Kaiser die Hilfe der Liga, jenes katholischen Fürstenbundes, dessen Führer, der treffliche Herzog Maximilian I. von Bayern, so erfolgreich die katholische Sache verteidigte. Dieser zog mit seinem Heer nach Oberösterreich, das eben in hellem Aufruhr stand. „In Schärding“, so schreibt der protestantische Geschichtsschreiber O. Klopp, „stieß noch eine Verstärkung zu seinem Heer. Es war ein einzelner Mann, aber eine moralische Kraft von höchster Bedeutung, Pater Dominikus a Jesu Maria, Ordensgeneral der Barfüßer-Karmeliter. Er brachte mit sich volles Vertrauen auf das Gelingen.“

 

Dieser von Gott gesandte Retter des Reiches, den wir unter die Heiligen Österreichs zählen dürfen, hatte seine Wiege fern im Süden, im schönen Spanien. In Calatayud, in der Provinz Aragonien, war Dominikus Ruzzola am 16. Mai 1559 geboren. Sein Leben lässt tiefe Einblicke tun in das geheimnisvolle Gebiet der übernatürlichen Wege Gottes. Schon die Tage der zarten Kindheit waren von wunderbaren Ereignissen und geheimnisvollen Erscheinungen umwoben. Der Knabe, den man in der Schule scherzweise den „kleinen Seneca“, den Weisen, nannte, liebte vor allem das Gebet und hatte eine innige Andacht zur lieben Mutter Gottes. Mit dem heiligen Schutzengel verkehrte er wie mit einem vertrauten Freund. Kaum recht den Knabenjahren entwachsen, fühlte er sich schon zum Orden der Karmeliten mächtig hingezogen. Da hörte er einmal, vor dem Bild des Gekreuzigten kniend, den Heiland ihn anreden: „Steh auf, Dominikus, fürchte dich nicht! Du sollst mir in dem Orden meiner Mutter dienen!“ In Saragossa begann er das Noviziat. Mit der Vermehrung der geistlichen Übungen und der dadurch sich steigernden Gottesliebe nahmen auch die mystischen Zustände in seinem Leben, besonders Verzückungen und Gesichte an Dauer und Stärke zu. So streng war sein Leben, dass er nachts nur zwei Stunden zu schlafen pflegte, die übrige Zeit brachte er betend vor dem Allerheiligsten zu. Wem Gott besondere Gnadenauszeichnungen verleiht, den lässt er auch zur Erhaltung in der Demut durch die Flut der Leiden und Prüfungen gehen. Dominikus hatte sie reichlich zu kosten. Quälende Geistesdürre und Trockenheit suchten ihn heim. Der böse Feind tat das Mögliche, um den begnadeten Streiter Christi vom rechten Weg abzubringen. Professe (1575) und Priester (1584) geworden, galt er bald allgemein als vorbildlicher Ordensmann und vollendeter Heiliger. In seinem Verlangen nach größtmöglicher Vollkommenheit ging er im Alter von dreißig Jahren zu den unbeschuhten Karmeliten über, die von der heiligen Theresia und dem heiligen Johannes vom Kreuz zur ursprünglichen Strenge des Ordens zurückgeführt worden waren. Er weilte in den Häusern zu Madrid, Alcala, Barcelona, Toledo u.a., wo er durch seine andauernden mystischen Zustände Erstaunen, Erbauung und Bewunderung, nicht weniger aber auch Bedenken und Anfeindungen erregte. Der Ordensgeneral unterwarf daher den Gewissenszustand des außergewöhnlichen Ordensmannes einer genauen Prüfung, wozu er ihm streng auftrug alle besonderen Ereignisse seines Lebens, seine heroischen Tugendakte, Offenbarungen und Wunder aufzuzeichnen. Der Ausgang dieser und anderer Prüfungen war der, dass der ehrwürdige Dominikus von Jesus Maria im allgemeinen Ansehen nur noch höher stieg. In der Tat steht er „in Bezug auf Dauer und Heftigkeit der Ekstasen fast einzig in der Geschichte der Heiligen da.“

 

Größer und wenigstens bekannter wurde der Ruhm des für Gottes Ehre begeisterten Karmelitermönches durch sein entscheidendes Eingreifen in die Wechselgeschichte des furchtbaren Dreißigjährigen Krieges auf offener Walstatt. Papst Klemens VIII. wollte die Unbeschuhten Karmeliten für die Mission in Persien gewinnen. Unter den hierzu zur Stärkung der italienischen Provinz nach Rom berufenen, bewährten Ordensmitgliedern befand sich auch Dominikus, der hier vom Amt eines Novizenmeisters, Generaldefinitors und Priors 1617 zur höchsten Würde des Generalates aufstieg. Ein eigenartiges Missionsfeld jedoch, ein nicht minder wichtiges, hatte die Vorsehung für ihn vorbereitet. Der Ruf des heiligmäßigen Ordensmannes war auch nach Deutschland gedrungen. Herzog Maximilian von Bayern war 1613 mit Dominikus in brieflichen Verkehr getreten und erbat nun, 1620, seine persönliche Mitwirkung an den öffentlichen Bedrängnissen der deutschen Länder. Kaiser Ferdinand unterstützte die Bitten des Herzogs. Der schon sechzigjährige Ordensmann antwortete dem Papst Paul V., der ihm die Gefahren eines Feldzugs nicht zuzumuten wagte: „Heiligster Vater, Eure Heiligkeit werden erkennen, ob es zum Dienst der heiligen Kirche und zum Wohl der katholischen Völker gereicht, wenn Sie mich zur katholischen Armee nach Deutschland senden. Meine Person kommt dabei gar nicht in Betracht. Mir wird es keine Bürde, sondern der größte Trost sein, wenn ich mit meinem Leib und Leben der heiligen Kirche dienen und Eurer Heiligkeit Befehl gehorsam vollziehen kann.“ Während des ganzen böhmischen Feldzuges war Dominikus Begleiter und guter Berater des Heerführers der katholischen Bundesarmee. Einen längeren Aufenthalt in Linz nützte er für die seelsorgliche Tätigkeit im Heer aus, dessen Großteil aus seiner Hand die heiligen Sakramente und das Karmelitenskapulier erhielt. Maximilian und der wackere Führer Tilly gingen mit leuchtendem Beispiel voran. Auf Grund einer Vision, die Dominikus am Fest Mariä Himmelfahrt in Linz hatte, sagte er dem Herzog zum wiederholten Mal den Sieg auf das bestimmteste voraus. Indessen hatte die Armee in Niederösterreich in einem durch beständige Kriege vielfach verwüsteten und verödeten Marschgebiet empfindlichen Mangel an Lebensmitteln zu leiden. Ein bösartiges Fieber richtete in den Truppenbeständen bedenkliche Verheerungen an. Da zeigten sich die Tugenden, der Seeleneifer und Opfermut des gottseligen Feldpaters und geistlichen Führers in glänzendem Licht. Um das Elend der Soldaten zu lindern, nahm er jedes Opfer auf sich. Er sorgte für Nahrungsmittel und Arzneien, besuchte und tröstete die Kranken und ermutigte durch Wort und eigenes Beispiel die verzweifelten Soldaten. Endlich kam man nach Prag, wo die Böhmen auf den Höhen des Weißen Berges eine sehr günstige und gesicherte Stellung bezogen hatten. Die Truppen des katholischen Bundes waren müde. Wie sollte man mit ihnen einen Angriff wagen können? Im Kriegsrat waren die Meinungen geteilt. Uneinigkeit war zu fürchten in einem Augenblick, wo alles auf geschlossenste Einheit ankam. Da trat Dominikus zu den Beratenden. Mit unwiderstehlicher Überzeugungskraft sprach er zu den Kriegsherren und munterte sie zum Vertrauen auf Gott und die gerechte Sache auf. „Morgen muss die Schlacht geschlagen werden und die katholische Armee wird den Sieg erringen“, sprach er. Der ganze Kriegsrat entschied für den Kampf. Als Parole wurde „Maria“ ausgegeben, und das Salve Regina vor der Schlacht gesungen. Dominikus, unter Tillys Scharen, begeisterte die Soldaten, als Panier ein Muttergottesbild hochhaltend, das er bei der Belagerung von Pilsen unter den Trümmern des Schlosses Strakonitz gefunden hatte, und dem von den Irrgläubigen die Augen ausgestochen waren. Die Entscheidung schwankte anfangs. Als schon der rechte Flügel zu weichen begann, flehte der Diener Gottes unter Tränen zum Lenker der Schlachten um Hilfe. Da kam plötzlich ein panischer Schrecken über die Böhmen, die sechstausend Ungarn begannen zu fliehen, die Mähren und Schlesier, die standhielten, wurden niedergemacht. Der Sieg des katholischen Heeres war ein glänzender und vollständiger; seine Tragweite unübersehbar. Der 8. November 1620 ist der denkwürdige Tag. Unter das Mutter-Gottes-Bild, mit dem der vertrauensvolle Feldpater sich bewaffnet und die Seinen geschützt hatte, ließ Kurfürst Maximilian die Inschrift setzen: Clypeus est sperantibus in se – Denen, die auf sie hoffen, ist Maria ein Schild.

 

Dominikus wurde bei seinem Besuch in München und Wien vom Volk festlich empfangen und als „Sieger vom Weißen Berg“ gefeiert. Der Kaiser beriet sich mit ihm in eigenen Gewissensangelegenheiten und zog ihn bei Fragen der Kirchenpolitik im Privatrat bei. Im Auftrag des Papstes musste Dominikus dann in Lothringen als Friedensvermittler zwischen den Herzögen und als päpstlicher Bevollmächtigter am französischen Hof tätig sein. Wieder nach Rom zurückgekehrt, bemühte er sich, das Missionswerk der Karmeliten in Indien und Persien auf jede Weise zu fördern und nahm auch hervorragenden Anteil an der Gründung der Propaganda, dem so überaus segensreichen Weltinstitut für Glaubensverbreitung, 1622.

 

Auf wiederholte Bitten des Kaisers Ferdinand, obwohl geschwächt durch vorausgehende längere Krankheit, reiste Pater Dominikus 1629 nochmals nach Wien, wo er in der königlichen Hofburg Wohnung nehmen musste, damit der Kaiser sich dauernd seines Umgangs erfreuen konnte. Im Streit um die Erbfolge im Herzogtum Mantua zwischen Österreich und Spanien vermochte er den Frieden zu vermitteln. Am Weihnachtstag wurde der ganze Hof Zeuge einer der Ekstasen des so mystisch begnadeten Mannes. Während er über das Geheimnis der Kindheit Jesu sprach, geriet er in Verzückung, erhob sich von seinem Sitz und schwebte ganz frei, seiner Sinne benommen. Weder durch Anruf noch Anrühren konnte er zu sich gebracht werden. Man ließ seinen Beichtvater rufen. Es bedurfte von dessen Seite nur eines leisen Anrufes und der Ehrwürdige kam wieder zu sich, und zwar sofort und wie im Augenblick. Anwesend und somit Augenzeugen des wunderbaren Vorfalls waren auch der Kaiser Ferdinand und seine Gemahlin Eleonora, Ferdinand, König von Ungarn, Erzherzog Leopold Wilhelm und mehrere Prinzessinnen.

 

Die Kränklichkeit des ehrwürdigen Dominikus nahm in Wien wieder zu. Anfang 1630 war sein Ableben zu befürchten. „Mein Testament ist schon gemacht,“ sprach er, „meinen Leib lasse ich den Wölfen, meine Seele habe ich allezeit in die barmherzigen Hände meines Schöpfers gelegt und ihm übergebe ich sie auch jetzt.“ Am 16. Februar schloss er seine Augen für diese Zeitlichkeit, nachdem er sie beim Verrichten der Sterbegebete nochmals geöffnet und mit ungemein lieblichem Ausdruck auf den Anwesenden, namentlich dem Kaiserpaar, hatte ruhen lassen – der Sprache war er schon seit sieben Tagen beraubt. Sogleich galt sein Grab als das eines Heiligen, und verschiedene Gebetserhörungen verstärkten diese Meinung. Die Überreste, die ursprünglich in der Karmelitenkirche ruhten, wurden erst 1903 in die neue Kirche des Ordens nach Döbling übertragen.

 

Der Seligsprechungsprozess des Paters Dominikus wurde schon öfter in Angriff genommen, aber immer wieder unterbrochen, nicht aber aufgegeben. Auch ein großes aszetisches Werk über den „Weg der Reinigung, Erleuchtung und Vereinigung“ ist uns von ihm überliefert.

 

Die Haupttugend des Gottesmannes war sein felsenfestes, auf dem Glauben begründetes Gottvertrauen. Mit fast unwiderstehlicher Gewalt wusste er dies auch anderen einzuflößen, und darin lag das Geheimnis seines Erfolgs. Das Gottvertrauen sollte auch uns in den großen Nöten unseres Vaterlandes die Kraft sein, die alles überwindet.