Unter der Regierung des fränkischen Königs Dagobert, wo die christliche Religion in Frankreich schon in der schönsten Blüte stand, zeichnete sich Badefridus, Pfalzgraf am königlichen Hof, durch eine besondere Frömmigkeit aus. Er war aus dem Geschlecht der alten fränkischen Könige entsprossen und hatte die Framehildis zur Gemahlin, die von den Königen der Alemannen abstammend, durch ihre besondere Schönheit, noch mehr aber durch ihr heiliges Leben berühmt war. Beide verwendeten ihre Reichtümer und ihre Macht zur Verbreitung und Verherrlichung der Religion Jesu, zum Trost der Armen und Loskaufung der Gefangenen, während sie selbst auf alle Lebensfreuden verzichteten, ein ärmliches Leben führten und unter Wachen, Beten und Ausübung guter Werke nach der christlichen Vollkommenheit strebten. Ihnen wurde eine Tochter, Austreberta mit Namen, geboren, die von zarter Kindheit an ihr Herz der Tugend weihte und nach dem Beispiel ihrer Eltern alles Irdische verachtete und nach den unvergänglichen Gütern einer besseren Welt trachtete. Als sie zu einer Jungfrau von seltener Schönheit herangewachsen war und junge Männer aus den angesehensten Familien um ihre Hand baten und als selbst ihre Eltern und besonders der König sie zu bereden suchten, durch eine Heirat das Glück ihres Lebens zu gründen, entschloss sie sich, lieber ihre teuren Eltern für immer zu verlassen, als das Gelübde einer ewigen Jungfräulichkeit, das sie ihrem Jesus gemacht hatte, zu brechen.
Schon wurden die feierlichsten Anstalten zu ihrer Vermählung getroffen, als sie mit ihrem unmündigen Bruder heimlich das väterliche Haus verließ und auf einem ihr unbekannten Weg entfloh. Aber zum Unglück kam sie an einen Fluss, dessen Brücke durch eine Überschwemmung weggerissen war und ihr den Übergang unmöglich machte. Im Vertrauen auf Gott bezeichnete sie sich mit dem heiligen Kreuz, ging über die Fluten und kam freudig zu dem heiligen Bischof Audomarus, der sie zuvor mit ihren Eltern versöhnte und sie mit deren Einwilligung im Jahr 656 in das Nonnenkloster Porte an der Somme brachte, wo sie den heiligen Schleier empfing und mit so großem Eifer die Ordensregeln befolgte, dass sie bald als ein Muster der Gottseligkeit allen ihren Mitschwestern vorleuchtete und durch Sanftmut und tätige Liebe ihre Herzen gewann.
Damals erbaute Amelbertus, ein reicher und mächtiger Mann, das Frauenkloster Pauilly und nachdem er es mit Frauen aus allen Ständen besetzt hatte, unter denen Unordnung und Unsittlichkeit herrschte, ernannte er auf den Rat des frommen Priesters Philibert die heilige Austreberta zur Äbtissin des Klosters, die sich alle Mühe gab, durch Ermahnungen und ihr Beispiel die Zügellosen zum notwendigen Gehorsam und zur klösterlichen Zucht zu bewegen. Aber statt sie zu bessern, zog sie sich den Hass ihrer Untergebenen und so schwere Verfolgungen zu, dass sie nur durch augenscheinliche Wunder dem Tod entging. Längere Zeit hindurch litt die Heilige mit himmlischer Geduld alle Misshandlungen, ohne sich je darüber zu beklagen, und siegte schließlich durch Tränen und Gebet über ihre Feinde. Ihr stilles Dulden und ihr sanftes Herz, das Böses mit Gutem vergalt, machten schließlich doch tiefen Eindruck auf ihre Mitschwestern und sie verehrten sie von nun an mit kindlicher Ehrfurcht und Liebe. Austreberta stand bis in ihr hohes Alter mit größtem Ruhm ihrem Kloster vor und führte ein so strenges und heiliges Leben, dass sie Gott mit auffallenden Wundern im Leben und im Tod verherrlichte. Sie starb am 10. Februar des Jahres 704.