Heilige Luise Marillac, Witwe Le Gras, Mitbegründerin der Genossenschaft der Barmherzigen Schwestern, + 15.3.1660 - Fest: 15. März

       

Die Frauenkongregation der Barmherzigen Schwestern, dieser liebliche Blütenzweig am Baum der Kirche, ist ganz der Erlöserliebe des göttlichen Samaritans entsprungen. Es ist etwas Uraltes, so alt wie die Mutterliebe der Kirche, die sie aus dem Heilandsherzen selber empfangen hat. Und doch war es wieder etwas ganz Neues in der Geschichte des kirchlichen Ordenswesens, als der heilige Vinzenz von Paul, der große Erwecker und Förderer aller Liebeswerke, am 29. November 1633 die Genossenschaft begründete. Neu war, dass gottgeweihte Jungfrauen nicht in streng abgeschlossenen Klöstern, sondern, wo es nottat, auch zu zweit mitten unter Weltleuten wohnten, dass sie die Armen und Kranken nicht bloß in den Spitälern und Armenhäusern bedienten, sondern das Elend in seinen Winkeln und Wohnungen aufsuchten. Es war damit ein Orden gegründet, „dessen Klöster“, nach dem Ausdruck des Stifters, „die Krankenhäuser, dessen Zelle die arme Herberge, dessen Kirche die Pfarrkirche, dessen Gänge die Verkehrsstraßen sein sollten, der als Klausur den Gehorsam, als Gitter die Furcht Gottes und als Schleier die heilige Bescheidenheit haben sollte“.

 

Mitbegründerin des großen Werkes der Liebe, die ausführende Hand des heiligen Vinzenz war die heilige Luise (Ludowika) von Marillac.

 

Im Jahr 1591 aus dem edlen altfranzösischen Geschlecht der Marillac geboren, erhielt Luise nach dem frühen Tod ihrer Mutter teils im Kloster Poissy, wo eine Verwandte war, teils in Paris eine sehr sorgfältige Erziehung. Es war auf feine Geistesbildung abgesehen, so dass ihr Latein und Philosophie, wie auch die Kunst und ihre Betätigung im Malen nicht fremd blieben. Aber auch der Sinn fürs wirkliche Leben und die Übung der christlichen Tugend wurde sorgsam gepflegt. Luises geistvolle Bildung und köstliche Lebensart befriedigte ihren teuren Vater so sehr, dass er sie in seinem Testament seinen „größten Trost auf Erden nennt, von Gott gegeben für seinen Geistesfrieden in den Trübsalen des Lebens“. Glücklicher Vater, der sich eines solchen Kindes erfreuen kann!

 

In der Familienüberlieferung wird aus Luises Jugend ein sehr merkwürdiges Ereignis erzählt, das uns den besonderen Schutz der göttlichen Vorsehung für sie, aber auch ihre frühzeitige barmherzige Liebe bekundet. Bei einer Reise über Land ob des schlechten Weges gezwungen, mit ihren Brüdern vom Wagen auszusteigen, sah sie sich von einer Menge Zigeuner umschwärmt. Luise fühlte großes Mitleid mit den zerlumpten Kindern, schenkte einem Jungen ein Geldstück und fügte einige freundliche Worte hinzu, so dass dieser sich über so selten erlebte Freundlichkeit warm berührt fühlte. Im Schloss angekommen, sehnte sich Fräulein Marillac, ermüdet von den Anstrengungen der Reise, nach Ruhe. Mit dem Schlaf kämpfend, beschloss sie, den Rosenkranz, den sie vor dem Schlafengehen zu beten gewohnt war, zu unterlassen und am nächsten Tag mit mehr Andacht nachzuholen, als sie ein leises Geräusch im Zimmer zu vernehmen glaubte. Obwohl sie nichts wahrnehmen konnte, vermochte sie doch sich der einmal erregten Furcht nicht zu entschlagen; sie ergriff den Rosenkranz und kniete auf den Betstuhl nieder. Da fallen zufällig ihre Augen auf die schon zurückgeschlagenen Vorhänge des Bettes und sie glaubt einen kurzen Augenblick zwei Augen unter dem Bett hervorleuchten zu sehen, zugleich hört sie einen leisen Schlag an die Bettstätte, der von dem schnell sich zurückziehenden Kopf herrühren musste. Am ganzen Körper zitternd, ließ sie ihr Auge unbeweglich auf dem einen Punkt haften. Was sollte sie tun? Sie war so weit von der Tür entfernt, dass, wollte sie auch eiligst jemand zu Hilfe rufen, der Räuber sie leicht vorher ergreifen konnte. Im Vertrauen auf die liebe Mutter Gottes betete sie nun laut, wie von oben eingegeben, nicht um Erhaltung ihres Lebens, sondern um Gnade und Reue für die Bösen, die Gott nicht kennen. Dann rief sie mit lauter Stimme: „Komm, böser Mensch, komm aus deinem Schlupfwinkel hervor, damit ich dir nach Jesu Gebot Gutes erweise. Komm heraus! Willst du mir Böses, so ich dir nur Gutes.“ Wie groß war ihr Erstaunen, als statt eines Räubers der kleine Zigeuner zum Vorschein kam, den sie am Nachmittag beschenkt hatte. Er hätte bei Nacht die Haustür öffnen und seine Diebsgesellen einlassen sollen. Da er selber nur ein armer, verführter Junge, ohne Bosheit, war, entließ ihn das gutmütige Fräulein mit einer ernstlichen Mahnung ungestraft. Da nahm der Kleine im Gefühl der Dankbarkeit eine Kapsel vom Hals und gab sie seiner Wohltäterin mit dem Bedeuten, wenn sie wieder einmal in ähnliche Gefahr käme, so möge sie nur den Namen Agnes aussprechen, so würde ihr nichts zuleide geschehen. Als darauf das Gerücht von dem nächtlichen Abenteuer auch der Königin Maria von Medici zu Ohren kam, ließ sie durch ihren Sekretär Anton Le Gras Erkundigungen einziehen. Wie war dieser aber betroffen und freudig erregt, als er in der gezeigten Kapsel jene erkannte, die seine Mutter mit dem Bildnis der heiligen Agnes und dem von ihrer Hand geschriebenen Namen seinem Bruder Gabriel umgehängt hatte, der beim Einsturz einer Mühlenbrücke verschwunden war. Le Gras forschte nun dem kleinen Zigeuner nach und es stellte sich heraus, dass es wirklich sein Bruder war, der seinerzeit von einem Bandenführer aus dem Wasser gezogen, mitgenommen und zu allerlei Künsten war abgerichtet worden. Der Wiedergefundene wurde ein Schüler des heiligen Vinzenz, dem er auf der Bahn christlicher Liebe folgte. Luise aber erfasste gerade bei dieser Gelegenheit, obwohl noch ein Kind mit vierzehn Jahren, schon lebhaft den Gedanken ihrer nachmaligen Betätigung der Nächstenliebe. „Ich bin überzeugt“, sagte sie sich, „wenn es Zufluchtsstätten für diese kleinen Opfer des Lasters und der Armut gäbe, so würden sie statt Übeltäter gutgesinnte und fleißige Menschen werden.“

 

Die Zeit der Standeswahl kam und Luise Marillac war geneigt bei den Kapuzinerinnen einzutreten. Ein frommer Ordensmann aber, den sie zu Rate zog, hielt sie hierfür nicht kräftig genug. „Ich glaube“, meinte er, „Gott hat andere Absichten mit Ihnen.“ So war es auch. Sie, die berufen war, den leidenden Mitmenschen die helfende Hand und den Nöten der Welt Heilmittel zu bieten, sollte auch inmitten der Welt stehen und vor allem den weltlichen Ständen zum Vorbild werden. So vermählte sie sich mit dem genannten königlichen Sekretär Le Gras, der aus einer Familie stammte, die sich die Ausübung der Werke der Barmherzigkeit zur besonderen Lebensaufgabe gemacht zu haben schien.

 

Ohne irgendeine Pflicht des Hauses zu versäumen, verlegte sich die mitleidsvolle Frau von den ersten Jahren ihres Ehestandes an auf den Besuch der Kranken in ihrer Pfarrei, brachte ihnen Lebens- und Heilmittel, machte ihre Betten, tröstete sie durch erhebende Zusprüche, bereitete sie auf die heiligen Sakramente vor und sorgte selbst noch für die Aufbahrung der Gestorbenen. Ihr immer mehr wachsender Eifer für die Werke der Liebe veranlasste sie, auch andere Frauen dafür zu gewinnen, so dass sie schon damals für sich den Versuch begann und Pläne entwarf, die später durch den gottbegeisterten Vinzenz von Paul zur Wirklichkeit wurden.

 

Wenn ein Geistesmann sagt, die Verbindung einer tiefen Innerlichkeit mit der größten Geschäftsüberbürdung sei das Geheimnis einer großen Persönlichkeit, dann ist auch Luise Le Gras unzweifelhaft eine große Persönlichkeit. Sie hütete sich von Anfang an vor jeder Veräußerlichung. Keine größere Freude gab es für sie, als sich durch die Betrachtung mit Gott zu vereinigen und durch geistliche Übungen sich dem Verkehr mit der Welt zu entziehen. Ihr geistlicher Berater, der berühmte Bischof von Belley, Johann Peter Camus, der innigste Freund des heiligen Franz von Sales, glaubte sie hinsichtlich der geistlichen Exerzitien sogar zur „Mäßigung“ mahnen zu müssen, da ihre „zu große geistliche Begierde hierin der Zurückhaltung bedürfe“. Ihr ganzes Wesen und Handeln war einfach und natürlich. Ihre Tugend und Bescheidenheit wusste sie vor den Augen Unberufener zu verbergen. Vor Gottes Augen aber war ihr Leben tief innerlich, ganz vom Geist des Glaubens getragen. Und doch hatte diese glaubensstarke Frau gerade gegen den Glauben an das Dasein Gottes und die Unsterblichkeit der Seele einmal lange und heftige Versuchungen zu ertragen. Aber in den schwersten Stürmen wurde sie durch die Kraft des Heiligen Geistes, den sie innig anrief, aufrecht gehalten und schließlich auch an seinem Hochfest während der Feier der heiligen Geheimnisse befreit.

 

Noch eine empfindliche Prüfung oder besser eine treffliche Vorschule für die späteren Liebeswerke im Dienst der Leidenden sollte die gottinnige Frau durchmachen. Ihr Gatte erkrankte drei bis vier Jahre vor seinem Tod häufig und wurde dadurch in seiner Gemütsart sehr übel gelaunt und verdrießlich. Da erwies ihm denn die liebevolle und getreue Gattin eine noch teilnehmendere Herzensgüte und Nachgiebigkeit in der Liebe, um den Geist zu beruhigen und die Schmerzen zu versüßen. Ihre sorgsame Pflege und die rührende Art, Trost zu spenden, bewirkte, dass schließlich Herr Le Gras, als es zum Scheiden kam, mit wahrhaft christlichen Gesinnungen das Opfer des Lebens brachte, im Dezember 1625. Um sich ganz auf die Werke der Frömmigkeit und der Liebe verlegen zu können, verpflichtete sich die gottselige Witwe durch ein Gelübde, das sie jährlich am Tag der heiligen Monika unter reichlichen Gnaden erneuerte, im Witwenstand zu bleiben. Ihrem einzigen Sohn hatte sie eine vorzügliche Erziehung gegeben, so dass er als königlicher Rat im Münzwesen Anstellung fand. Sie selbst aber wurde vom Bischof von Belley zur besseren Leitung dem heiligen Vinzenz übergeben, der nun ihrem inneren Leben und ihrer äußeren Lebensgestaltung mit gleicher Milde wie Festigkeit die großen die großen Richtlinien gab. Vom mächtigen Beispiel des heiligen Mannes noch mehr wie bisher für alle Werke der christlichen Liebe begeistert, wollte die ergebene Schülerin sich alsbald durch ein unwiderrufliches Gelübde dazu verpflichten. Aber Vinzenz ging nur Schritt für Schritt vor. Er ließ sie eine Art Noviziat durchmachen mit all den üblichen Übungen. Als er sie hinreichend in ihrem Entschluss befestigt glaubte, nahm er ihr Anerbieten zum Dienst der Armen an und gesellte sie den Arbeiten seiner Missionen bei. Er sandte sie aufs Land zu den seit 1617 schon bestehenden „Vereinen der christlichen Liebe“. Da sammelte sie die Frauen, gab ihnen die erforderlichen Unterweisungen in Erfüllung ihrer guten Werke, suchte zu beleben, was erkaltet, wiederherzustellen, was verfallen war, und gründete neu, wo das Bedürfnis danach rief. Im Jahr 1630 unternahm sie die Bildung dieser Vereine auch für die Hauptstadt, deren Arme gewiss nicht weniger bedauernswert und bedürftig waren als jene des Landes, denen bisher die Fürsorge des Vaters Vinzenz allein gegolten hatte.

 

Die Arbeit der Vereinsmitglieder konnte aber auf die Dauer den Anforderungen nicht genügen. Der heilige Vinzenz gelangte zu der Anschauung, dass Dienerinnen unumgänglich notwendig wären, die frei von eigenen häuslichen Sorgen sich einzig dem Beruf hingeben könnten, den Kranken und Armen zu dienen. Einige Landmädchen bewarben sich auch dafür. Um sie zur Ausübung des Krankendienstes zuverlässig heranzubilden und die Möglichkeit zu schaffen, bei sich darbietendem Bedürfnis immer einige in Bereitschaft zu haben, glaubte er sie zu einer religiösen Gemeinde unter Leitung einer Oberin vereinigen zu müssen. Für dieses Amt aber fand Vinzenz niemand mehr geeignet als Frau Le Gras, bei der er seit so vielen Jahren eine vollendete Klugheit, eine musterhafte und andauernde Frömmigkeit nebst brennendem Eifer erkannt hatte. Zunächst war es ihr eigenes Haus in der Pfarrei St. Nikolaus, in dem die Kongregation der Töchter der christlichen Liebe, der Dienerinnen der Armen, 1633 ihren Anfang nahm, über die der Himmel seither so sichtlich seinen Segen ausbreitete, dass sie alle Welt mit dem Wohlgeruch Christi erfüllte.

 

Die Kongregation, für die sich die Vorsteherin in demütigster Unterordnung unter den großen Organisator gänzlich zum Opfer brachte, gedieh. Die Kräfte wuchsen, wie die Bedürfnisse sich mehrten. Und was fand nicht alles Platz im weiten Herzen des Heiligen! Wer anders musste da mit ihm die Liebe wie die Mühen teilen, als seine geliebten geistlichen Töchter! Da war das Elend der Findelkinder, worauf die heilige Luise, von tiefstem Mitleid bewegt, den Vater aller Hilfsbedürftigen selber hinwies. Er hinwiederum übertrug ihnen die Obsorge für die Galeerensträflinge. Im Spital zu Angers setzten die heldenmütigen Jungfrauen ihr Leben im Dienst der Pestkranken ein. Man berief sie im flandrischen Krieg zur Pflege der Verwundeten nach Nantes und Calais, 1652 wieder halfen sie die Bedrängnisse des Bürgerkrieges lindern. In Paris entstand ein großes Krankenhaus für die Armen, Heimstätten für alte Handwerker usw. Überall aber, wo die Schwestern sich opferten, da musste auch die Mutter mit ihrer Liebe und Sorge sein. Der christlichen Witwe, die nur über eine schwache Gesundheit und anfangs nur über geringe Mittel verfügte, fließt auf den Rat des zweiten Elias das Öl der Caritas reichlich genug, um all die Gefäße der Not, die sich öffnen, füllen zu können. Über mehr als dreißig Orte Frankreichs und selbst auf auswärtige Länder, als erstes Polen, dehnt sie das Werk der Barmherzigkeit aus.

 

Mutter Luise stellte hohe Anforderungen an ihre Töchter. Ihre trefflichen Unterweisungen hatten nicht nur eine gediegene berufliche Ausbildung, sondern besonders auch die geistliche Vervollkommnung im Auge. „Ihr sucht die Kranken auf“, sprach sie einmal, „so wie es der Heiland tat. Er zog ja von Flecken zu Flecken . . . Habt ihr es schon bedacht, meine Töchter, was es heißt, tun, was Gott getan hat? Müsst ihr da nicht auch vollkommen sein, wahre Engel im Fleisch. Wollt ihr nach Vollkommenheit streben, müsst ihr daran arbeiten, euch selber abzusterben. Was für große Dinge sage ich euch doch mit diesen Worten! Könnte ich sie nur mit meinem eigenen Blut für euch niederschreiben!“ Besonders prägte sie ihnen die gegenseitige Liebe und die „heilige Herzlichkeit“ und teilnehmende Güte gegenüber den Nächsten ein. „Ihr müsst euch gegenseitig lieben als Schwestern, die Jesus Christus durch seine Liebe verbunden hat, und ihr sollt beherzigen, weil Gott euch auserwählt und zusammengeführt hat, um ihm alle in derselben Weise zu dienen, dass ihr darum auch alle insgesamt wie ein von demselben Geist beseelter Körper sein und euch als Glieder eines und desselben Leibes betrachten müsst.“ Mutter Luise nahm eben auch das eigene religiöse Leben und ihren Beruf sehr ernst. Darum war sie auch immer heiteren und fröhlichen Mutes, selbst in späteren Jahren, wo sie viel kränklich war, und Altersgebrechen und Sorgen schwer auf ihr lasteten. Die Herzlichkeit, Einfachheit und Fröhlichkeit waren auch die Tugenden, die sie im Schwesternkreis heimisch zu machen sich alle Mühe gab.

 

Nachdem die Regel der Kongregation sich durch lange Jahre bewährt hatte, veranlasste Mutter Luise 1651 den heiligen Stifter die Statuten zur kirchlichen Approbation einzureichen. Das erlangte Billigungsdekret des Erzbischofs von Paris ging aber hernach zu Verlust und so wurden im Januar 1655 die Vereinigung (Kongregation) und ihre Regeln und Vorschriften nochmals approbiert unter dem Titel „Dienerinnen der Armen“ und unter der Leitung des Generalsuperiors der „Mission“. Am 8. August 1655, also nach erst 22 Jahren seit der Begründung, vollzog St. Vinzenz im Mutterhaus St. Lazarus den feierlichen Akt der amtlichen Errichtung, wobei er der seligen Mutter Ludowika Le Gras das Amt einer Oberin auf Lebenszeit übertrug.

 

Nur noch fünf Jahre trug sie die Last. Schon hatte sie 68 Lebensjahre erreicht. In ihrer letzten Krankheit litt sie schwer, aber mit großer Geduld und Ergebung. Den letzten Muttersegen vor ihrem Tod, am 15. März 1660, haben die Barmherzigen Schwestern sorgsam aufgezeichnet: „Meine teuren Schwestern“, sprach sie mühsam, „ich flehe immer zu Gott um seinen Segen für euch und bitte ihn, er möge euch die Gnade der Beharrlichkeit in eurem Beruf geben, auf dass ihr ihm so dient, wie er es von euch verlangt. Gebt euch große Mühe im Dienst der Armen. Gebt euch aber besonders Mühe, gut zusammen zu leben in großer Einigkeit und Herzlichkeit. Liebt einander, um die Liebesvereinigung und das Leben unseres Herrn nachzuahmen. Und bittet auch inständig die allerseligste Jungfrau, sie wolle eure einzige Mutter sein!“

 

Erst unsere Zeit hat der ersten Tochter des heiligen Vinzenz die Verherrlichung durch die Kirche gebracht. Unter Leo XIII. wurde ihr durch Einleitung des Seligsprechungsprozesses am 10. Juni 1895 der Titel einer Ehrwürdigen zuerkannt. Benedikt XV. hat Ludowika Le Gras am 9. Mai 1920 seliggesprochen, und Pius XI. am 11. März 1934 heiliggesprochen.

 

Als Grundsatz für die Werke der Liebe sprach die Heilige aus: „Jesus Christus hat uns die christliche Liebe gelehrt, um unser Unvermögen zu ersetzen, ihm in seiner Person einen Dienst zu leisten. An seiner Statt hat er uns den Nächsten gegeben. Darum erwecke ich das Verlangen in mir, ihn, so viel ich nur immer kann, in der Person der Armen zu ehren.“