Heiliger Dositheus von Palästina, Mönch im Heiligen Land, + 23.2.530 – Fest: 23. Februar

 

Dositheus verlebte seine ersten Jahre in schnödem Genuss der Weltfreuden und in vollkommener Unwissenheit der beseligenden Wahrheiten des Christentums. Da er viel über Jerusalem reden hörte, machte er aus Neugierde eine Reise dahin. Hier war es, wo ihn die göttliche Barmherzigkeit mächtig ergriff, und sein Herz rührte, und zwar durch ein Gemälde, das die Strafen der Hölle darstellte. Dositheus fragte eine unbekannte Person, die sich dort befand, über die Bedeutung des Bildes, und wurde von den unerhörten und grauenvollen Dingen, die man ihm sagte, dermaßen erschüttert, dass er sogleich voll des Schreckens die Welt verließ, um in der Einsamkeit zu leben. Er wendete sich an den Abt Seridon, der ihm das Klosterkleid anlegte und ihn einem seiner Schüler, namens Dorotheus, zum Unterricht anvertraute.

 

Dorotheus, der viel Erfahrung hatte in den Wegen des Heils, und wohl wusste, wie schwer es ist, auf einmal von einem Grenzpunkt zum andern überzuschreiten, erlaubte anfangs seinem Zögling alles zu essen, was er wollte. Allein durch allmählige unbemerkte Einschränkungen brachte er ihn bald bis zu acht Unzen Brot für den Tag. Ebenso gewöhnte er ihn nur nach und nach an die anderen Pflichten des klösterlichen Lebens. Besonders lehrte er ihn, sich selbst absterben, sowohl in kleinen als wichtigen Dingen, und gewöhnte ihn so an den Gehorsam, dass er nichts ohne Geheiß seiner Obern tat.

 

Nachdem Dositheus fünf Jahre im Kloster zugebracht hatte, wurde ihm die Krankenpflege übertragen. Er erfüllte diese Pflicht mit solcher Wachsamkeit, Sanftmut und zärtlicher Sorgfalt, dass er sich dadurch die allgemeine Achtung und Liebe erwarb. Schon durch seine Gegenwart glaubten sich die Kranken in ihren Schmerzen erleichtert. Bald aber wurde seine Gesundheit geschwächt. Blutspeien und Mattigkeit überfielen ihn und minderten allmählich seine Kräfte. Allein dadurch litt seine erste Herzensstimmung nicht im Mindesten. Er verschloss dieser Empfindlichkeit, vor der auch gottgeweihte Personen nicht immer sich erwehren, allen Eingang in sein Herz. Der Gedanke, dass ihm nun alles erlaubt sei, weil sein schlechtes Befinden lindernder Mittel bedürfe, kam nicht in seine Seele. Indes verließen ihn gänzlich seine Kräfte und er vermochte nichts anderes zu tun, als zu beten, und selbst das konnte er nicht einmal beständig. Darüber wurde er unruhig und fragte darüber den heiligen Dorotheus mit seiner gewöhnlichen Einfalt um Rat. Der Heilige sagte ihm, er möge sich deswegen nicht beängstigen, weil es genug sei, dass Jesus Christus in seinem Herzen wohne. Dositheus beschwur einst einen ehrwürdigen Greis des Klosters, Gott zu bitten, dass er ihn aus dieser Welt nehmen möchte, worauf der ihm antwortete: „Gedulde dich ein wenig; die Barmherzigkeit Gottes ist nahe.“ Und einen Augenblick darauf sprach er zu ihm: „Gehe in Frieden, und wenn du der Anschauung Gottes genießt, dann bete für uns.“ Derselbe Geistliche erklärte auch nach dem Tod des Dositheus, dass er an Tugenden alle Brüder übertroffen habe, obgleich er nicht so außerordentliche Bußwerke ausgeübt hatte. Er blühte im sechsten Jahrhundert. Man legte ihm den Titel eines Heiligen bei, allein sein Name findet sich weder in den griechischen, noch in den lateinischen Kalendern.