Seliger Konrad von Seldenbüren, Stifter von Engelberg in der Schweiz, Laienbruder, Märtyrer, + 2.5.1126 - Fest: 2. Mai

 

Der selige Konrad von Seldenbüren,

Stifter von Engelberg in der Schweiz, Laienbruder, Märtyrer,

+ 2.5.1126 – Fest: 2. Mai,

und die seligen Äbte Adelhelm I. von Engelberg,

+ 25.2.1131 – Fest: 25. Februar,

und Frowin von Engelberg,

+ 27.3.1178 – Fest: 27. März

 

Das Geschlecht der Edlen von Seldenbüren (Sellenbüren) könnte man ein Geschlecht der Klostergründer nennen. Schon um das Jahr 945 hatte Reginbert im Schwarzwald das Kloster St. Blasien gegründet, das unter dem großen Abt Gerbert im 18. Jahrhundert eine so großartige Blüte erleben sollte. Heinrich von Seldenbüren gründete 1030 das Kloster Muri im Aargau, das nach der Aufhebung im 19. Jahrhundert vom Staat als Armenanstalt eingerichtet wurde. Wenn nun der junge Konrad die Bilder der ehrwürdigen Ahnen staunend betrachtete und in müssigen Stunden in der alten Burgchronik blätterte, kann es uns dann wundern, wenn auch er einem Reginbert oder Heinrich nicht nachstehen wollte? Der Gedanke Gott eine Stätte des Lobes zu bereiten, den Menschen einen Ort des Gebetes und der Fürbitte, den Armen einen Quell des Trostes und der Erquickung, den auf den rauen Höhen und in den schneeigen Tälern Verirrten ein rettendes Dach, der Welt einen Hort der Kunst und Wissenschaft zu schaffen, dieser Gedanke wollte ihm nicht mehr aus dem Kopf. Immer wieder dachte er daran, wie er die Mittel schaffen könne, auf seinen Ritten und Jagden suchte er nach einem geeigneten Ort, ja manchmal glaubte er schon den weihevollen Klang der Psalmen vom Chor der Mönche her zu hören. Konrad befand sich wieder einmal auf einem solchen Ritt, er war von seiner Seldenburg am Westfluss der Albis bei Zürich über den Zuger- und Vierwaldstättersee gekommen und hatte sich von Stans aus mühsam durch die wilden Schluchten hinaufgearbeitet, über Grafenort bis an den Fuß des Engelbergs. Die Gegend gefiel ihm und ohne langes Bedenken war sein Entschluss gefasst: Hier sollte sein Lebenswerk erstehen. Freudigen Herzens ritt er wieder zu Tal auf seine verstreuten Gehöfte, und was dort an Kräften irgendwie entbehrlich war, musste hinauf auf die Berge, um Stein und Holz herzurichten für den Klosterbau. Bald herrschte auf den unbewohnten Höhen frisches, reges Leben; durch die stille Einsamkeit riefen menschliche Stimmen, hallte das Eisen der Äxte, die die Baumriesen stürzten, und der Meißel, der die Steine bearbeitete. Endlich war ein ansehnlicher Fleck gerodet, die Grundmauern wurden tief in die Erde gesenkt und bald erhob sich das Kloster im Rohbau. An der Stelle, wo einst der Waldbär seine Höhle bewohnt hatte, wurde der Hauptaltar errichtet. Der 1. April 1120 wird von der ältesten Chronik von Engelberg als Gründungstag überliefert.

 

Kloster und Kirche waren fertig, die toten Mauern warteten nur noch, dass man sie belebte. Konrad hatte inzwischen schon Umschau gehalten unter den Klöstern, aus denen er die Mönche für seine Stiftung nehmen sollte. Damals entfaltete gerade St. Blasien im Schwarzwald eine fruchtreiche Tätigkeit in der Besiedelung und Neugründung von Klöstern; im Mutterkloster selbst herrschte musterhafte Zucht und Ordnung. Ein Ahne Konrads hatte es vor 200 Jahren gegründet. St. Blasien also konnte Konrad seine Gründung wohl übergeben und hatte dabei die sichere Gewähr, dass sie sich bald selbstständig in die Höhe arbeiten könne. Adelhelm, der später der erste Abt des Klosters wurde, zog mit zwölf in der Ordenszucht erprobten Mönchen in das neue Kloster ein. Noch ist im Klosterarchiv die Urkunde vorhanden, datiert vom 22. November 1122, gemäß der „der edle Mann Konrad . . . den Ort Engelberg selbst mit allen gegenwärtigen und späteren gesetzlichen Gerechtsamen und Zugehörden . . . auf dem Altar der heiligen Maria Gott dem Herrn . . . als unanfechtbares Eigentum des genannten Klosters dem Vater Adelhelm und seinen Nachfolgern . . . abgetreten, überantwortet und übergeben“ hat. Diese Übergabe geschah in damaliger Zeit in einer sehr sinnvollen Zeremonie. Der Eigentümer nahm nämlich ein Rasenstück oder etwas Erde von seinem Grundstück, das er vergeben wollte, trug es in die Kirche und legte es auf den Hochaltar, in dem die Reliquien der Kirchenpatrone eingeschlossen waren und übergab dadurch sein Eigentum Gott und den Heiligen gleichsam persönlich als Geschenk und als Gegenstand ihres Schutzes. Das anwesende Volk wurde dabei in einer feierlichen Erklärung von dem Geschehenen in Kenntnis gesetzt und als Zeuge für alle Zukunft und gegen jedermann angerufen. Um seinem großen Werk das Schlusssiegel aufzudrücken, erwirkte Konrad noch Schutzbrief und Privilegien von Papst Kalixt II. und Kaiser Heinrich V. Seitdem hat sich der Gottespreis der Bergeshäupter vereinigt mit dem Gotteslob der Mönche. Wenn der Sturm um die Felsengrate jagt und seine langgezogenen Weisen singt, dann ertönen im Chor der Mönche die feierlichen Klänge des Chorals; wie die Berge ihre Riesenhände bittend zum Himmel recken, so falten sich still in den Zellen der Brüder die müden Hände zum Gebet, hier hat die Natur mit dem Menschen eine Harmonie gefunden. Konrad hatte dem Schöpfer der ganzen weiten Welt ein Werk der Ehre bereitet und das war auch sein eigentliches Ziel, das war sein Lebensberuf: Gott zu Ehren alles tun und das Heil des Nächsten wirken. Was außerhalb dieses Zieles lag, das war ihm Sünde, das durfte und wollte er nicht tun. Aber je konsequenter Konrad diesen Gedanken durchdachte, desto mehr kam es ihm zum Bewusstsein, wie der ganze Mensch mit all dem Seinen zu Gottes Ehre geschaffen sei; weil aber das Fleisch so schwach sei, dass der Mensch in der Welt dieses Ideal niemals vollkommen verwirklichen könne, so müsse er sich zum ausschließlichen Dienst Gottes von der Welt absondern. Konrad verbarg sich nicht vor diesem Gedanken und der Folgerung, die sich daraus für ihn ergab, denn Denken und Tun war ihm eins: er trat in das von ihm gegründete Kloster unter Abt Adelhelm als einfacher Laienbruder ein. Sein jungfräulicher Leib sollte nunmehr allein Gott zu Ehren seine Kräfte verzehren. Seinen freien Sinn beugte er voll Demut unter das Joch des Gehorsams; die Hand, die einst nur den Degen des freien Mannes geführt hatte, griff zur gewöhnlichen Arbeit seiner Knechte, er, der einst durch Berge und Tal, durch die wilde Schlucht und den dunklen Wald dem Wild nachjagt hatte, ging nur mehr dorthin, wohin der Obere ihm befahl. Gott gewährte ihm die Gnade, dass er in diesem Gehorsam sich selbst zum Schlachtopfer bringen durfte. Ein weltlicher Nachbar des Klosters beanspruchte einige Grenzgebiete des Klosters als sein Eigentum. Abt Adelhelm hatte nun keinen besseren Zeugen für die Rechtmäßigkeit seines Besitzes als Konrad, den einstigen Besitzer dieser Gebiete. Ihn schickte er deshalb, den unseligen Streit zu schlichten. Konrad ging willig und gerne hin, um das gottgeweihte Gut zu verteidigen. Beide legten die strittigen Punkte des Prozesses klar, als man dann auf die Auseinandersetzung über sie einging, wurde Konrad unversehens vom anderen angefallen. Aus zwei tiefen Wunden blutend, stürzte Konrad zusammen um als ein Märtyrer der Gerechtigkeit zu sterben, am 2. Mai 1126. Seine Leiche wurde im Triumphzug nach Engelberg zurückgetragen und im Chor der Kirche beigesetzt. In der neuen Kirche ruhen die Überreste des seligen Stifters seit 1743 in einem altarähnlichen Aufbau links vom Eingang der Kirche. Auf seine Fürbitte hin geschahen an seinem vielbesuchten Grab zahlreiche Gebetserhörungen.

 

Der selige Stifter war tot, doch über seinen Gebeinen hob sich das Werk. Die Klostergebäulichkeiten erhielten einen stattlichen Umfang, man legte auch schon in der Umgegend neue Gehöfte an, um dem fruchtbaren, aber noch gänzlich ungepflegten Boden mühsam das tägliche Brot abzuzwingen. Abt Adelhelm war es, der elf Jahre lang mit unermüdlichem Eifer die Gemeinde leitete und die wirtschaftliche Hebung des Klosters betrieb. Doch ging er in dieser Sorge um die äußere Sicherstellung des Klosters nicht auf. Er war ein Mann voll Tugend und Heiligkeit, dem seine Zeit die Gabe der Prophezeiung nachrühmte und den die Nachkommen als Seligen verehrten. Als Todestag bezeichnet das Sterbebuch den 25. Februar 1131. Seine spärlichen Gebeine wurden 1743 in ein Grabmal, ähnlich dem des Stifters in der Seitenkapelle rechts vom Eingang eingeschlossen.

 

Noch tatkräftiger und energischer als Adelhelm wirkte der gottselige Abt Frowin, der von 1143 bis 1178 das Kloster leitete. Er besaß ein besonderes Talent, sowohl anderen Arbeitsgebiete zu eröffnen, wie auch selbst sie zu pflegen. Im Kloster richtete er eine Schule ein, wie sie in allen größeren Klöstern des Mittelalters zur gewöhnlichen Einrichtung gehörte, eine Schule für den Nachwuchs des Klosters, dann eine zweite für die Söhne der Adeligen. Die Mönche, die in der Schule keine Beschäftigung fanden, mussten in der geräumigen Schreibstube alte Handschriften abschreiben. Man kann es fast kein Schreiben mehr nennen, das war schon ein fein säuberliches Malen, das ihre ganze Fingergelenkigkeit, ihre Geduld und Ausdauer, ihr künstlerisches Zartgefühl, ihre kindliche Phantasie beanspruchte; ja nicht wenige haben uns darin, besonders in den kunstvoll verzierten Anfangsbuchstaben, den sogenannten Initialen, ein Stück ihrer Seele überliefert. Das Ziel, das Frowin bei allen Beschäftigungen verfolgte, war die Vermeidung des Müßiggangs, der aller Laster Anfang auch im Kloster ist, den der heilige Ordensvater Benedikt mit solcher Schärfe aus dem Kloster verbannt wissen will. Abt Frowin ging selbst mit dem besten Beispiel voran. Obwohl die ganze Last der Klosterverwaltung auf ihm lag, obwohl er sein reich entwickeltes Innenleben in keiner Weise verkümmern ließ, fand er doch noch Zeit, seine Gedankenfülle auf dem Pergament festzuhalten. Seine bekanntesten Schriften sind die über das Gebet des Herrn und über den freien Willen. Unter Abt Frowin, Todestag 27. März 1178, steht Engelberg wohl auf dem Höhepunkt seiner ersten Blüteperiode. Und das Fundament zu dem hocherwachsenen Bau bildeten die Grundsätze, die Konrad einst das Kloster hatten gründen lassen: Gottes Ehre und der Seelen Heil.

 

Gottes Ehre und der Seelen Heil, das ist der einzige echte Inhalt eines christlichen Lebens. So wie wir Menschen nun einmal sind, müssen wir uns nehmen: den immerwährenden Zwiespalt zwischen Geist und Fleisch können wir nicht aufheben. Wir werden es immer wieder erleben müssen, dass das Leibliche in uns die Oberhand zu gewinnen sucht, dass wir oft schmählich von ihm überwältigt werden. Aus uns allein werden wir dem Geist nie zum Sieg verhelfen können. Das kann nur einer, der uns rein und stark geschaffen, der uns erlöst hat, der kann uns heiligen, kann uns stärken, kann uns selig machen. Ihm allein also gebührt alle Ehre. Ihm soll unsere Lebenskraft, Leib wie Geist geweiht sein, ihm wollen wir mit der ganzen Schöpfung ein großes Loblied singen: „Ehre sei Gott in der Höhe!“ „Und Friede den Menschen auf Erden“ schließt sich unwillkürlich daran. Friede aber lässt sich nur dann im Menschenherzen nieder, wenn die Seele sich gefunden hat in Gott. Dass wir den Menschen auf den Weg zu Gott verhelfen, das ist also unsere zweite Aufgabe, die sich folgerichtig aus der ersten ergibt. Seelen zu Gott zu führen, das ist die Krone der Nächstenliebe.