Der heilige Ferdinand wurde um das Jahr 1199 geboren. Seine Eltern, König Alphons von Leon und Berenguela von Kastilien, mussten sich auf Befehl des Papstes Innocens III. trennen, weil sie, im dritten Grad blutsverwandt, eine nach kirchlichen Gesetzen ungültige Ehe eingegangen hatten; ihre Kinder jedoch, zwei Söhne und zwei Töchter, wurden für rechtmäßige anerkannt. Berenguela ging zu ihrem Vater, dem König Alphons X. von Kastilien, und wurde nach dessen Tod Erbin des Reiches. Allein sie machte ihre Rechte nur geltend, um sie auf ihren Sohn zu übertragen, der damals achtzehn Jahre alt war. Auch auf dem Thron bewies Ferdinand seiner Mutter, die ihn musterhaft erzogen hatte, die größte Achtung. Er heiratete auf ihren Rat 1219 Beatrix, die Tochter des deutschen Kaisers Philipp, die vortrefflichste Prinzessin jener Zeit. Dieser Ehe entspross eine zahlreiche Nachkommenschaft, sieben Prinzen und drei Prinzessinnen. Noch nicht lange regierte Ferdinand, als sein eigener Vater, der von dem übelgesinnten Grafen Alvarez aufgehetzt worden war, ihn mit den Waffen in der Hand angriff. Der fromme Sohn erschauderte vor solch einem Krieg und ließ nichts unversucht, den Vater zu besänftigen. Unter anderem schrieb er ihm: „Woher dein Zorn gegen mich? Soll ich glauben, dass du dich über mein Glück betrübst? Ich meine, du solltest dich darüber eher freuen; denn es gereicht dir ja zur Ehre, einen Sohn zu haben, der den Zepter von Kastilien führt, weshalb kein anderer König dich feindlich überfallen wird, da er den Sohn fürchten muss, der seinen Vater in der Not nicht verlässt. Wirst du mich beunruhigen, so schadest du dir nur selbst. Ich könnte dir mehr Unruhe und Sorge machen in deinem Reich, als ein anderer Fürst der Welt; allein ich halte es für unerlaubt und strafbar, da du mein Herr und Vater bist, und ich will so lange dulden, bis du selbst das Unrecht erkennst, das du an mir verübst.“ Alvarez, der Veranlasser des Krieges, geriet in die Gefangenschaft Ferdinands, der aber, weit entfernt von jeder Rache, ihn sogleich auf freien Fuß stellte. Zum Dank dafür schürte der Graf erneut den Brand. Aber Gott selbst stritt für den ehrfurchtsvollen Sohn und schlug den Ohrenbläser mit einer schweren Krankheit. Nun kam es bald zu einem Ausgleich, und Ferdinand besiegelte den Frieden mit dem Vater durch die rasche Hilfe, die er ihm gegen die Mauren leistete.
Nachdem die Ruhe wieder hergestellt war, traf der junge König die besten Anstalten, das ihm anvertraute Volk wahrhaft glücklich zu machen. Er wählte zu seinen Räten Männer von erprobter Klugheit und Rechtschaffenheit, unter denen Rodriguez, Erzbischof von Toledo, als Großkanzler von Kastilien an der Spitze stand. Mit seinem Beistand entwarf Ferdinand weise Gesetze, demütigte den Übermut der Großen, reinigte das Land von Räubern und Mördern und gründete zur besseren Pflege des Rechts den später so berühmt gewordenen Gerichtshof, „den königlichen Rat von Kastilien“. Er selbst reiste persönlich im Reich umher, um Recht zu sprechen. Niemals belastete er seine Untertanen mit außergewöhnlichen Abgaben. Als er zum Krieg gegen die Mauren rüstete, gab ihm ein Höfling den Rat, zur Deckung der Kosten neue Steuern auszuschreiben; aber Ferdinand schien dieses ungerecht, und er antwortete mit edlem Unwillen: „Bewahre mich der Himmel vor solchen Anträgen! Die göttliche Vorsehung kann mir auf andern Wegen helfen. Ich fürchte weit mehr die Flüche einer armen Frau, als das ganze Kriegsheer der Mauren.“ Man kann in Wahrheit sagen, dass des Königs Herz bloß ein einziges Gefühl durchglühte, die Liebe zu Gott und zu seinen Untertanen. In seiner Liebe zu Gott tat er alles für die Ehre des Allerhöchsten und zur Sicherung und Wahrung des Glaubens. Sein größtes Werk war die Befreiung eines großen Teils von Spanien von der drückenden Sklaverei der Mauren. Er verwendete er die Siegesbeute nicht zur Mehrung des Glanzes seines Hofstaates, sondern zur Gründung von Bistümern und Klöstern, zur Erbauung prachtvoller Domkirchen und anderer Gotteshäuser und zu anderen ähnlichen Zwecken. Den Rittern von Calatrava schenkte er ganze Städte unter der Bedingung, sie gegen die Ungläubigen zu verteidigen. Er war es, der die Orden des heiligen Franziskus und Dominikus zuerst in Spanien einführte und dadurch der Kirche eine neue Stütze gab.
Im Jahr 1225 zog er zum ersten Mal gegen die Ungläubigen ins Feld und griff Aben Mahomed, den Fürsten von Baeza an, den er zwang, ihm Tribut zu geben. Noch furchtbarer wurde er den Mauren, als er 1230 nach dem Tod seines Vaters die Krone von Leon erbte und diese mit der von Kastilien vereinigte. Seine Siege grenzten jetzt ans Wunderbare; aber nicht Ehrgeiz und Habsucht trieben ihn zum Kampf. Die Reinheit seiner Absicht sprach er durch die Worte aus: „Gott, der du die Herzen durchforschst, du weißt, dass ich deine und nicht meine Ehre suche. Ich will mir nicht vergängliche Reiche erwerben, sondern die Kenntnis deines Namens ausbreiten.“ Unter seinen Soldaten versuchte er Gottesfurcht und echte Frömmigkeit zu erhalten; denn nur die verleihen wahren Mut. Der heilige König gab allen fortwährend das Beispiel aller Tugenden. Er hielt die Fasten aufs Genaueste, trug ein Bußkleid in Gestalt eines Kreuzes und brachte ganze Nächte im Gebet zu, besonders dann, wenn eine Schlacht bevorstand. Im Heer wurde allezeit das Bildnis der göttlichen Mutter, der Helferin der Christen, mitgetragen, und Ferdinand selbst hatte ein kleines Marienbild am Hals hängen. Seine glühende Verehrung der heiligen Jungfrau gründete sich besonders auf das Gefühl der Dankbarkeit, weil er durch die Fürbitte der Himmelskönigin von einer tödlichen Krankheit geheilt worden war, die ihn als Prinzen in einem Alter von elf Jahren befallen hatte. Der Erzbischof Rodriguez wich nie von seinem königlichen Herrn, wenn er in den Krieg zog; er und seine Priester besorgten den Gottesdienst im Lager und sorgten für das Seelenheil der Soldaten. Man sah sie Beichte hören, die Kommunion austeilen, die Kranken und Verwundeten pflegen mit leiblicher und geistlicher Hilfe.
Unter der Leitung eines so gottesfürchtigen Feldherrn waren die spanischen Krieger unüberwindlich, und oft geschah es, dass das Heer sich der wunderbarsten Hilfe des Himmels zu erfreuen hatte. Dies war besonders der Fall, als im Jahr 1234 Ferdinands Sohn, der Infant Alphonso, mit 1500 Mann bei Xeres eine wohl siebenmal stärkere Armee des Königs von Sevilla schlug und dabei nur neunzehn Soldaten und einen Ritter verlor. Mehrere gefangene Ungläubige sagten aus, dass sie an der Spitze des christlichen Heeres den heiligen Apostel Jakob, den Schutzpatron von Spanien, auf einem weißen Ross in der Waffenrüstung eines Ritters gesehen hätten. Mitten in seinem Siegeslauf wurde Ferdinand zu Anfang des Jahres 1236 durch die Botschaft von dem Tod seiner Gemahlin Beatrix in Trauer versetzt; er empfand diesen Schlag sehr tief, ließ sich aber dadurch nicht in seinen Pflichten als Christ und König stören. Er nahm die große Stadt Cordova ein, die seit fünfhundert Jahren in den Händen der Ungläubigen gewesen war, und hielt dort am Fest der heiligen Apostel Petrus und Paulus seinen Einzug. Sogleich ließ er die Hauptmoschee, die von 1200 Säulen getragen wurde, in eine christliche Kirche zu Ehren der heiligen Jungfrau zurückverwandeln und errichtete in ihr wieder den ehemaligen Bischofsstuhl. Al Mansur, der Fürst von Cordova, hatte auf den Schultern der Christen die Glocken aus der Jakobskirche von St. Compostella zur Moschee bringen lassen; Ferdinand ließ nun die Mauren auf ihren Schultern die Glocken wieder nach Compostella zurücktragen.
Eine der schwierigsten, aber auch glänzendsten Eroberungen war die von Sevilla, der festesten und bevölkerungsreichsten Stadt Spaniens und des wichtigsten Platzes der Mauren. Die Belagerung dauerte sechzehn Monate, was aber nicht verwundert wenn man hört, dass diese Stadt eine zweifache sehr hohe und dicke Ringmauer und 166 Streittürme hatte. Mehr als einhunderttausend Mauren verteidigten diese Mauern, denen Ferdinand nur ein verhältnismäßig kleines Heer gegenüber stellen konnte. Aber nun zeigte sich, was Einsicht, Tapferkeit und Beharrlichkeit unter dem Segen Gottes vermögen. Das gewaltige Sevilla musste sich am 23. November ergeben. Als Arataf, der Statthalter der Ungläubigen, mit den Seinigen auszog, schaute er von seiner Anhöhe noch einmal zur Stadt zurück und rief mit Tränen aus: „Nur ein Heiliger konnte mit so wenig Soldaten eine solche Feste bezwingen. Es kann nur durch das Zutun des Himmels geschehen sein, dass Sevilla den Mauren entrissen wurde.“ Ferdinand ordnete nach der Einnahme der Stadt feierliche Dankgebete an und ließ die Domkirche so prächtig wieder aufbauen, dass sie keinem Gotteshaus in der Christenheit nachsteht.
Während der Belagerung von Sevilla wurden dem Herzen des heiligen Königs durch den Tod seines ersten Rates und Freundes Rodriguez und den seiner geliebten Mutter Berenguela zwei sehr schmerzliche Wunden geschlagen, und nur in der Religion fand er Trost, die ihn auch in den sonstigen Unfällen, von denen kein menschliches Leben frei ist, aufrecht erhielt. Er wusste seine Leidenschaften immer zu beherrschen, war streng gegen sich, aber nachsichtig und gütig gegen andere und zeigte in seiner ganzen Lebensweise, dass auch ein König ein sehr gewissenhafter und frommer Christ sein könne und dass sich die Pflichten der Religion sehr wohl mit denen eines Herrschers vereinigen lassen.
Eben rüstete er sich, die Mauren in Afrika selbst, im Herzen ihrer Macht, anzugreifen, als ihm der Engel des Herrn das Schwert aus der Hand nahm. Über die bedenkliche Krankheit, die den geliebten Fürsten befallen hatte, geriet ganz Spanien in Bestürzung; nur er blieb ruhig und bestätigte seine volle Ergebung in den Willen des Allerhöchsten auch jetzt. Er legte eine reumütige, vollständige Beichte von seinem ganzen Leben ab und begehrte die Sakramente. Als der Bischof von Segovia in Begleitung der Geistlichkeit mit dem Allerheiligsten in das königliche Gemach trat, stand der erlauchte Kranke vom Bett auf, warf sich, einen Strick um den Hals und das Kruzifix in den Händen, auf die Knie und rief: „Herr, wie habe ich verdient, dass du selbst zu mir kommst? Du hast aus Liebe zu mir so viel gelitten, und ich armer Sünder, was habe ich für dich getan? O sieh nicht auf meine Unwürdigkeit, sondern sieh darauf, wer du bist, und erbarme dich meiner.“ Nachdem er die Himmelsspeise empfangen hatte, ließ er seine Kinder herbeirufen und gab ihnen seinen Segen und die rührendsten und heilsamsten Ermahnungen. Ehe seine letzten Augenblicke herannahten, wurde er noch durch eine überirdische Erscheinung getröstet und sprach, die Augen zum Himmel gewendet: „Herr, du hast mir ein Reich gegeben, wie ich es zuvor nicht hatte, und größere Ehre und Macht, als ich verdiente. Für alles sage ich dir Dank und lege es jetzt wieder dir zu Füßen; auch meine Seele übergebe ich dir.“ Unter den Gebeten der Bischöfe und Priester neigte er sein Haupt und verschied, als sie eben das Te Deum sangen – am 30. Mai 1252. Er hatte 53 Jahre gelebt und 35 regiert. Seine Leiche ruht zu Sevilla vor dem Bild der Gottesmutter, die er so sehr geliebt hatte. Gott verherrlichte den frommen Helden im Grab durch zahlreiche Wunder, weshalb Papst Clemens X. ihn 1671 unter die Heiligen versetzte.
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Als der katholische König Ferdinand – erzählt Mariä Stammbuch – sich viele Jahre hoch bemühte, wie er die herrliche Stadt Granada von den ungläubigen Mauren wiederum erobern und bekommen möchte, hat er endlich bei der hochwürdigen Mutter Gottes Fürbitte und Hilfe gesucht, und mit samt seiner Königin Isabella verlobt: wenn er bemeldete Stadt sollte siegreich glücklich einnehmen, wollte er die vornehmste Kirche dieser Stadt zu Ehren der Unbefleckten Empfängnis Mariä weihen lassen.
Im Jahre Christi 1492 den 1. Januar hat Ferdinand darauf wirklich diese mächtige Stadt glücklich erobert, der maurische König ergab sich dem Sieger, und räumte ihm alle bedeutenden Orte und Plätze ein. Am 2. Januar sodann wurde eine große Anzahl gefangener Christen, darunter auch viele Priester waren, frei gelassen, welche sämtlich Gott und seiner siegreichen Mutter Lob sangen und unter Freudentränen zu den Ihrigen heimkehrten. Statt des Halbmondes, den die muhamedanischen Mauren auf die Kirchtürme gepflanzt hatten, setzte der Erzbischof das heilige Kreuz dorthin. Und jedermann hielt dafür, dass dieser Sieg und diese Freude einzig durch die Hilfe und Fürbitte der unbefleckten Jungfrau Maria gewonnen worden sei.
Noch im höheren Grad als dieser König von Spanien erfuhr ein anderer Ferdinand 350 Jahre später die Hilfe Mariens, der König von Neapel nämlich, dieses Namens der zweite, und zwar wurde ihm der besondere Beistand der seligsten Jungfrau gerade im entscheidenden Augenblick des Übergangs von dieser Welt ins Jenseits.
Es war im Mai des Jahres 1859. An einem Sonntag um 3.30 Uhr morgens erklärte König Ferdinand seiner Familie, dass dieser Tag sein letzter auf dieser Erde sein würde. Seine Physiognomie hatte den Ausdruck sanfter Freude, mit ruhiger und fester Stimme ordnete er an, dass man die Vorbereitungen für die große Reise veranstalte. Der Erzbischof von Patrasso, der dem König während seiner Krankheit geistlichen Beistand geleistet hatte, wurde zu ihm gerufen. Er glaubte, des Königs Ende sei noch nicht so nahe. Ferdinand ersuchte ihn das Weihwasser und das Rituale bereit zu halten und die drei Kerzen anzuzünden, die er für die letzte Stunde aufbewahrt hatte: Die Lichtmesskerze, die Kerze vom heiligen Grab, und die vom heiligen Haus von Loretto.
Der letzte Augenblick nahte, der König allein wusste es, er war darob so glücklich, dass er sich über seine Freude Vorwürfe machte und den Erzbischof fragte, ob es erlaubt sei, sich über einen Hingang zu freuen, durch den alle die Seinigen so unglücklich würden. Der fromme Prälat beruhigte ihn darüber und sagte ihm kurz die Worte des heiligen Paulus: ich wünsche aufgelöst und mit Christus vereinigt zu sein. Als er wieder ruhig geworden war und den letzten Segen des Heiligen Vaters durch den Telegraphen erhalten hatte, küsste der König unablässig ein auf Seide gedrucktes Bild der heiligen Jungfrau und drückte es an sein Herz. Er rief diese zarte Mutter an, deren ergebenster Sohn er seit seiner zartesten Kindheit stets gewesen war. Auf sie setzte er alle seine Hoffnungen, aus ihr schöpfte er jeden Trost, durch ihre Gnade war ihm der Tod lieber als das Leben, denn durch sie hoffte er bald den Himmel zu erreichen und sich der Gegenwart der heiligsten Dreifaltigkeit zu erfreuen.
Die letzten Worte dieses frommen Königs enthalten eine tiefe Lehre für alle: sie werden ein Trost den Guten, ein Verdammungsurteil den Ungläubigen sein:
Ich bitte, sprach er, für meine Frau, meine Kinder, meine Verwandten, für mein Land, mein Volk, für meine Freunde und Feinde, für die Sünder und für alle.
Nach zwanzig Minuten feierlicher Stille, während deren er sich mehr und mehr mit dem Herrn vereinigte, streckte er eine Hand nach der Königin aus, die andere nach dem Erzbischof, neigte zweimal sanft sein Haupt, dann wandte er sich rechts, befahl Gott seine Seele und verschied.