In den Erzbistümern Köln und Paderborn feiert man am heutigen Tag das Fest des heiligen Engelbert im roten Messgewand, obwohl er nicht im eigentlichen Sinn ein Blutzeuge um des Glaubens willen war, dafür aber war er ein Martyrer um der Gerechtigkeit willen.
Engelbert, mächtiger Graf von Berg, des Heiligen Römischen Reichs Verweser und Erzbischof von Köln, ist ein Beweis mehr für die tröstliche Tatsache, dass man nicht als Heiliger geboren wird, denn als Engelbert einst im Kloster Heisterbach im Siebengebirge weilte, warf ihm ein unerschrockener Mönch mit mittelalterlicher Dreistigkeit und Derbheit das Wort an den Kopf:
„Herr, ihr seid ein tüchtiger Fürst, aber kein guter Bischof.“
Es war ein scharfes Wort, wohl zu eng aus dem Klosterwinkel gesprochen. Gerechter schon ist ein Wort, das ein anderer Mönch aus Heisterbach, der berühmte Caesarius, nach des Bischofs Tod niederschrieb:
„Hat es ihm im Leben an Heiligkeit gefehlt, so hat es sein kostbarer Tod ausgeglichen, und war sein Wandel nicht vollkommen, so hat ihn sein Leiden geheiligt.“
Es liegen also Schatten auf Engelberts Leben, allerdings nicht die schmutzigen Schatten der Unsittlichkeit, denn sein Schild blieb lebenslang rein und lauter, wohl aber lagen darauf die Schatten der Herrschsucht, die sich jedoch mit der Zeit vor einer eisernen Gerechtigkeit verflüchteten, die wie eine Sonne sein Handeln hell überstrahlte.
Im Jahr 1185 wurde Engelbert von Berg geboren und wuchs als ein Hüne an Körper und Geist heran, schlug die geistliche Laufbahn ein, versah schon in jungen Jahren hohe Kirchenämter und wurde dreißigjährig einstimmig zum Erzbischof von Köln gewählt. Als ihn zehn Jahre später der Mordstahl traf, hatte er mehr geleistet als zehn andere, und vor allem hatte er Ordnung geschaffen im deutschen Haus.
Von Unordnung strotzte nämlich damals das Reich, denn immer ist es von Nachteil für ein Land, wenn sich zwei um die Krone bewerben und mit Heeresmacht bekriegen, wie es zu jener Zeit Otto IV. und Philipp von Schwaben taten. Da verfielen im Bruderstreit die Sitten und die Gerechtigkeit saß wie eine trauernde Witwe an den Rändern der Wege und an den Ufern der Flüsse, wo die Raubritter den Kaufleuten die Güter wegnahmen, den Bauern Korn und Vieh entführten und überhaupt die kleinen Leute zum Weißbluten brachten. Es war eine trostlose Zeit voll Jammer, und es fehlte die starke Hand.
Der Erzbischof Engelbert von Köln besaß die starke Hand, eine mächtige Pranke, die herrlich dreinhieb und das Faustrecht der Mächtigen mit gewaltigen Schlägen zertrümmerte. Mit Soldaten und Geschützen zog der Erzbischof von Köln gegen die Schutz- und Trutzburgen der Raubritter am Rhein und in Westfalen, setzte ihnen den roten Hahn aufs Dach, zwang die Zwingherren, das geraubte Gut herauszugeben und Schadenersatz zu leisten, und bei all dem ging er in keiner Weise zart und zimperlich vor, sondern hart und eisern, wie die Übeltäter es verdienten.
Es ist wahr, dass man Engelbert von Berg nicht mit anderen Heiligen auf die gleiche Stufe stellen kann, aber seine Heiligkeit ist die der Gerechtigkeit, wie auch Gott gerecht ist und bleibt selbst dann, wenn er mit der ewigen Hölle straft. Jedem muss wahrlich das Herz höherschlagen, wenn er sieht, dass von der Kirche auch solche Männer als Heilige verehrt werden, die nach dem Grundsatz leben: „Fürchte Gott, tue recht und scheue niemand.“
Übrigens fastete Engelbert zwei Tage in der Woche, machte weite Wallfahrten, sorgte für die seelsorglichen Belange in seinem ausgedehnten Sprengel, führte Franziskaner und Dominikaner in Köln ein, jedermann hatte freien Zutritt zu ihm, und stets stand er auf der Seite des Rechtes. So war er nicht nur ein guter Fürst, sondern auch ein guter Bischof, unter dem das religiöse Leben sich hob, die guten Sitten wieder aufblühten, der Wohlstand sich mehrte und Recht und Gerechtigkeit herrschten, so dass lange nach Engelberts Tod die Leute immer noch sagten, dass es wohl nie mehr solch gute Zeiten geben werde als in den Tagen Sankt Engelberts.
Schwer also lag die Faust des markigen Kölner Erzbischofs auf allen, die Unrecht begingen, und weil sich derjenige, der geschlagen wird, aufbäumt, bildete sich unter den Raubrittern eine Verschwörung, und Engelberts eigener Vetter, Friedrich von Isenburg, stieß ihm bei einem Überfall in der Nähe von Schwelm im Bergischen Land den Dolch ins Herz. So starb der Heilige, der tags zuvor, durch eine Ahnung gedrängt, eine Lebensbeichte abgelegt hatte, als ein Ritter Ohnefurcht und als ein Martyrer für Recht und Gerechtigkeit.