Heiliger Florinus, Pfarrer zu Remüs, Schweiz, OSB, + 17.11.856 – Fest: 17. November

 

Als im November des Jahres 1856 durch volle acht Tage die Jahrtausend-Gedächtnisfeier des heiligen Florinus zu Matsch in Tirol begangen wurde, da dichtete zu seinem Preis ein gefeierter Sänger: „Das Große lebt noch fort und fort, bewegt die Massen noch vom Ort. Verloren ist noch nichts gegangen, gesät im heil’gen Glutverlangen.“ Über das Leben und Wirken des heiligen Florinus hat uns die Geschichte nicht viel aufbewahrt. Was er aber selbst „gesät hat in heil’gem Glutverlangen“, das blüht noch nach mehr als tausend Jahren in seiner Verehrung als ein unverwüstliches Zeugnis seiner Heiligkeit.

 

Die Eltern unseres Heiligen sollen Engländer gewesen sein, seine Mutter eine Jüdin, die den christlichen Glauben angenommen hatte. Auf der Rückreise von einer Pilgerfahrt nach Rom ließen sie sich in Matsch im Vinschgau nieder. Hier erblickte Florin das Licht der Welt. Des Knaben Anlagen waren vielversprechend; deswegen übergaben ihn seine Eltern dem Pfarrer Alexander zu Remüs im Engadin in der Schweiz, der ihm eine gute Erziehung und den notwendigen Unterricht angedeihen ließ.

 

In jener unsicheren Zeit verlegte das Volk von Remüs seine Habe in ein benachbartes Schloss. Da musste nun auch der Knabe Florinus öfters für seinen Erzieher Nahrungsmittel und Wein von dort holen. Er hatte ein recht mitleidiges Herz und so geschah es nicht selten, dass er unterwegs manches an die Armen verschenkte. Gott segnete die Habe des Geistlichen, so dass sein Wohlstand durch die Freigebigkeit des gutherzigen Knaben nicht merklich geschmälert wurde. Aber den Schlosswächtern war es aufgefallen, dass Florinus so schnell wieder zurückkehrte, um seine Behälter neuerdings zu füllen. Sie beobachteten ihn nun genauer. Eines Tages hatte er wieder Wein geholt. Da bat ihn eine arme Frau um etwas Wein für ihren kranken Mann. Florin gab ihr den Wein und kehrte nochmals um, sein Gefäß wieder voll zu füllen. Der Turmwächter hatte den Vorgang bemerkt, ließ ihn gleich dem Pfarrherrn berichten und verweigerte dem mildherzigen Knaben den Wiedereintritt in den Keller. Doch der ging guter Dinge nach Hause und füllte im Vertrauen auf Gott seinen Krug am Brunnen auf. Voll Spannung befahl der Herr seinem Pflegling, wie gewohnt, den Wein aufzusetzen. Doch siehe, Gott ließ das Gottvertrauen des frommen Knaben nicht zuschanden werden. Was er einschenkte, war reiner, köstlicher Wein.

 

Inzwischen wurde Florinus selbst Priester und folgte, als Alexander von Remüs starb, seinem ehemaligen Lehrer im Seelsorgeramt nach. Er verwaltete es mit größter Sorgfalt und heiligem Eifer und leuchtete dem ihm anvertrauten Volk mit dem Beispiel aller Tugenden voran. Das allgemeine Lob der Heiligkeit bei den Menschen und das sichtliche Wohlgefallen Gottes folgte seinem Wirken.

 

Nach dem schließlichen Tod des Heiligen, der ihm auf himmlische Weise war geoffenbart worden, eilten seine Verwandten und die Einwohner von Matsch, seinem Geburtsort, herbei und erbaten sich den heiligen Leib. Sie gaben auch zu erkennen, dass sie willens seien, ihrer freundlichen Bitte, wenn sie vergebens wäre, mit Gewalt Nachdruck zu verschaffen. Die klugen Remüser hatten aber schon bei der Beerdigung über dem tiefer liegenden Sarg ihres treuen Hirten, der ausdrücklich gewünscht hatte auch im Tod bei ihnen zu bleiben, einen anderen mit den Kleidern des Verlebten gefüllten, eisenbeschlagenen und verschlossenen Sarg gestellt. Diesen überließen sie nun den ungestümen Verwandten, die freudig mit dem vermeintlichen Schatz abzogen, während die Remüser ihren Heiligen behielten. Indes die Länge der Zeit verwischt alles; auch das Andenken an das so listig bewahrte teure Pfand schwand den späteren Geschlechtern. Deshalb ermahnte der heilige Florinus selber den Pfarrer Saturnin von Remüs mehrmals im Traum, nicht ohne ihm ein gelindes Denkzeichen im Gesicht zurückzulassen, seinen Leib zu erheben und hinter dem Altar des heiligen Petrus beizusetzen. Feierlich zog man zum Grab. Als der Sarg geöffnet wurde, fand sich zum Staunen aller der Leib des Heiligen noch ganz unversehrt vor. Bart und Haare waren gewachsen und sein Angesicht hatte das Aussehen wie das eines Lebenden.

 

Die auffallenden Wunderzeichen, die bei der Wiederbeisetzung des heiligen Leibes geschahen, zogen in der Folge viele Wallfahrer an das Grab des heiligen Priesters. Auch der Ritter Rudolf, der zur Zeit Friedrichs I. zwar ein tapferer Krieger, aber auch ein sittenloser Lebemensch war, folgte dem Wunderruf und konnte dort Zeuge sein, wie eine besessene Frau vom bösen Geist befreit wurde (um 1167). Er bekehrte sich, führte sieben Jahre lang ein sehr bußfertiges Leben und stiftete schließlich das Kloster Churwalden in Graubünden. Auf einer Wanderung nach Thüringen starb dieser Ritter in Ellwangen.

 

Diese Berichte stammen aus einer alten Legende des fünfzehnten Jahrhunderts. Aus dem zehnten Jahrhundert beweisen Schenkungsurkunden der Könige Heinrich I. und Otto I. die damalige Verehrung des heiligen Florinus. Besonders geblüht muss sie aber im sechzehnten Jahrhundert haben, da ein Hauptförderer der Glaubensspaltung in jener Gegend über den großen „Aberglauben“ klagt, der mit dem Heiligen „auf heidnische Weise“ getrieben wurde, und die prunkvollen Feierlichkeiten der Prozession beschreibt, die alljährlich am 28. November zwischen Remüs und Matsch gehalten wurde. Als dann Remüs dem Protestantismus anheimfiel, bildete Matsch den Mittelpunkt der Florinusverehrung. Der Heilige ist zweiter Diözesanpatron Chur; auch Regensburg verehrt ihn, da der dortige Dom eine Reliquie Florins besitzt.